Ich bringe an dieser Stelle ein sehr interessantes Gespräch mit dem kanadischen Politikwissenschfatler Peter Dale Scott. Es erfüllt, wie ich finde, für den Kontext, in dem dieser Blog stattfindet, eine sehr wichtige Aufgabe, erfährt man doch aus berufenem Munde, dass die hier, aber auch auf anderen Seiten, von anderen zu gerne als ’spinnerte Verschwörungsseiten‘ diffamierten, gemachten Aussagen auf durchaus festem Grunde stehen. Es ist ohnehin erstaunlich, dass das, was Peter Dale Scott ohne mit der Wimper zu zucken aus seiner langjährigen Forschungsarbeit und Erfahrung als Tatsache preisgibt, den meisten Menschen nicht bekannt ist: Das sollte sich schnellstens ändern, will man nicht länger an der Nase herumgeführt werden, wie das gerade in den heutigen krisendurchschüttelten Zeiten geschieht, deren verderbenbringende Frachten angeblich hurricangleich von oben her auf uns herniedersausen, um uns unser Hab und Gut abzusaugen, wie dies Wirbelstürme eben so zu tun pflegen …. Die Politik-Marionetten sind stets geschockt, die Märkte stets unregulierbar und ruderlos …. Achja?!
Zu bemerken ist, dass Peter Dale Scott Rothschild nicht erwähnt, dennoch mit Verweis auf ein Zitat von Roosevelt einräumt, dass die Finanzplätze „die Regierungen besitzen“. Immerhin!
Ich habe das Interview etwas gekürzt, damit wir uns nicht mit dem über die Einleitung hinausgehenden Gesprächsteilen über Scotts Werdegang etc. aufhalten müssen, sondern gleich bei der Sache sind:
Der gebürtige Kanadier Peter Dale Scott hatte bis zu seiner Emeritierung im Jahre 1994 einen Lehrstuhl für Anglistik an der Universität Berkeley inne. Darüber hinaus wirkt er als einer der konsequentesten und mutigsten Politikwissenschaftler unserer Zeit, da er sich Phänomenen stellt, die von der etablierten Politikwissenschaft in der Regel nicht wahrgenommen werden. Außerdem machte sich als Lyriker und Autor bedeutender Gedichtbände einen Namen.
Das politikwissenschaftliche Werk Peter Dale Scotts befasst sich vorwiegend mit der jüngeren amerikanischen Geschichte seit 1945. Dabei stehen sogenannte „Deep Events“ (Tiefenereignisse) im Zentrum seines Denkens. Beispiele hierfür sind für Scott unter anderem die Ermordung John F. Kennedys, die Watergate-Affäre, die Iran-Contra-Affäre und der 11. September. Im Unterschied zum normalen politischen Tagesgeschehen bieten Tiefenereignisse den Vorteil, verborgene Strukturen des Politischen sichtbar zu machen, die die historische Entwicklung maßgeblich beeinflussen aber trotzdem von der Selbstwahrnehmung moderner Gesellschaften in der Regel nicht erfasst werden.
Viele Themen seiner politischen Arbeit finden sich auch in seinem poetischen Werk wieder. Als bedeutendsten Gedichtband bezeichnet Peter Dale Scott den im Jahr 2000 erschienenen Band „Minding the Darkness“, für den er den ‚Lannan Poetry Award’ – einen renommierten amerikanischen Literaturpreis – erhielt.
Ein Gespräch mit Peter Dale Scott – Teil eins
HINTERGRUND: Der neokonservative Traum von den USA als einem zweiten großen Imperium, das das gesamte 21. Jahrhundert unangefochten beherrschen könnte, kommt also ohne Anlehnung an antike Vorbilder aus?
Peter Dale Scott: Ja, ich denke schon. Ich ziehe es vor, davon zu sprechen, dass erfolgreiche Kulturen – und Amerika ist hier nur das jüngste Beispiel – dazu tendieren, nach außen zu expandieren. Sie beginnen angrenzende Länder und Regionen zu dominieren und dies verursacht schließlich ungeheuerliche Kosten. Kosten für die Institutionen des dominierenden Landes, die nicht dafür geschaffen sind, solche großen Bereiche zu kontrollieren. Ich habe hierfür in meinem jüngsten Buch das Wort Imperium verwendet und wünschte heute, ich hätte es nicht getan. Globale Dominanz ist der Begriff, den ich heute verwenden würde, da er sich nicht so leicht affirmativ auslegen lässt. Ich halte imperiale Politik oder globale Dominanz letztlich für gefährlich und kontraproduktiv, denn sie schwächt die Form der Einflussnahme, die man für gewöhnlich Soft Power nennt. Die Vereinigten Staaten hätten einen vielversprechenden globalen Einfluss nehmen können, ohne überall ihre Armeen zu stationieren. Wenn wir jedoch damit fortfahren, in Zentralasien unsere Truppen zu stationieren – und dies werden wir zweifellos noch einige Zeit tun – dann könnte es sein, dass wir die weichen Möglichkeiten zur Einflussnahme allmählich verlieren.
HINTERGRUND: Diese Entwicklung der USA von einer Republik zu einem Imperium ist in unserer Gegenwart unübersehbar geworden. Doch auch schon in den 60er Jahren, als Sie in die USA kamen, zeichnete sich diese Entwicklung bereits ab. Gab es ein spezifisches Ereignis, durch das Sie damals auf diese Entwicklung aufmerksam wurden und von dem Sie im Rückblick sagen würden, dass es Sie aufgeweckt hat? Ich denke hier zum Beispiel an die Ermordung John F. Kennedys, die Sie als junger Mann erlebten.
Peter Dale Scott: Um die Dinge ordentlich zu umreißen …: Ich war natürlich zunächst über Vietnam besorgt. Ich hatte vier Jahre, von 1957–1961, als kanadischer Diplomat gearbeitet. Kanada und Polen waren damals beide in der internationalen Kontrollkommission für die Genfer Konferenz über Indochina und so kam es, dass ich in der kanadischen Botschaft in Polen tätig war. Während zwei dieser Jahre war es mein Job, viele der Telegramme über Indochina zu lesen. Als ich dann nach Berkeley ging, konnte ich mich immer noch an viele der Telegramme erinnern. Ich wusste daher: Sollte Amerika noch tiefer in diesen Konflikt hineingezogen werden, so würde das bereits bestehende Desaster schier unlösbar werden. Ich sah den Vietnamkrieg kommen und das belastete mich sehr stark. Aus Sympathie für Amerika wollte ich nicht, dass die USA in Vietnam involviert würden. Dies führte zu meinem ersten Buch, „The War Conspiracy“ (Die Kriegsverschwörung). Darin beschrieb ich, wie die Regierung sich immer weiter in Richtung Eskalation bewegte. Besonders deutlich wurde dies nach den beiden Ermordungen im November 1963, dem Tod Ngo Dinh Diem, dem damaligen Präsidenten Südvietnams und dem Tod John F. Kennedys. Mein Interesse an der Aufklärung der Ermordung John F. Kennedys erwuchs aus meiner Beschäftigung mit der Frage, wie wir in den Vietnamkrieg hineingeraten waren.
HINTERGRUND: Wir werden im Laufe dieses Gesprächs noch auf die Kennedy-Ermordung zurückkommen. Zunächst möchte ich Sie nach den Begriffsprägungen fragen, mit denen man heute Ihr politikwissenschaftliches Werk in Verbindung bringt. Sie haben Begriffe wie „Deep Politics“ (Tiefenpolitik) „Deep State“ (Tiefenstaat) im Gegensatz zum „Public State“ (öffentlicher Staat) bekannt gemacht. Bereits in Ihrem frühen Buch über den Vietnamkrieg begannen Sie, sich für Kräfte und Tendenzen hinter der öffentlich wahrgenommenen Politik zu interessieren. Sind diese Begriffsprägungen aus der Beschäftigung mit dem Vietnamkrieg hervorgegangen?
Peter Dale Scott: Bevor ich genauer auf den Begriff ‚Deep Politics’ eingehe, möchte ich beschreiben, wie sich mein Denken entwickelt hat. Denn bevor ich über ‚Deep Politics’ gesprochen habe, habe ich über ‚Para Politics’ gesprochen. Dieser Begriff war recht einflussreich. Er wurde eine Zeitlang sowohl in Europa als auch in den Vereinigten Staaten von Journalisten benutzt. Und er wird immer noch in England bei der Zeitschrift Lobster verwendet. Trotz allem handelt es sich bei diesen Begriffen weniger um eine entwickelte Theorie, als um eine Sprache für das, was unter der Oberfläche vor sich geht. Und worauf ich mit diesem Begriff abziele, was ich durch ihn benennbar machen möchte, ist folgendes:
Die öffentliche Politik, über die geschrieben wird, ist nicht die einzige Form von Politik. Ein großer Teil der Politik findet außerhalb der öffentlichen Aufmerksamkeit statt. Man kann diesen Sachverhalt sehr einfach beweisen. Es gab während der Zeit des Kalten Krieges die CIA, und die CIA machte viele Dinge, über die nicht geschrieben wurde. Die CIA war ja schließlich unter dem Vorsatz gegründet worden, Operationen durchzuführen, ohne für diese öffentlich zur Verantwortung gezogen werden zu können. Und das ist ja nun das genaue Gegenteil der Idee einer offenen Gesellschaft mit transparenten Institutionen. Und daraufhin bekam ich die Idee, von ‚para politics’ zu sprechen. Denn da waren offensichtlich Elemente in der staatlichen Machtstruktur, die Dinge taten, die ‚para-politisch’ waren. Darüber hinaus waren da aber noch andere Organisationen neben dem Staat, die faktisch organisierte Kriminalität betrieben. Wie ich es am Beginn meines Buches „Deep Politics – and the Death of JFK“ (Tiefenpolitik – und der Tod von John F. Kennedy) beschrieben habe, war es eine bedeutende politische Entscheidung, dass die US-amerikanische Regierung damit begonnen hatte, amerikanische Gangster und Mafiastrukturen dafür zu benutzen, um den Kommunismus zu bekämpfen.
HINTERGRUND: Im Kalten Krieg wurden solche Entschlüsse immer mit dem Argument legitimiert, es sei notwendig alle zur Verfügung stehenden Mittel einzusetzen, weil man davon ausgehen müsse, dass auch der Feind dies tun würde.
Peter Dale Scott: Ja, so fing es an. Aber die Situation entwickelte sich darüber hinaus, denn die Mafia begann eine unabhängige Macht zu werden und sie ist immer noch eine unabhängige Kraft in Italien. Deshalb ist es besser, über „Deep Politics“ als „Para Politics“ zu sprechen. Und in meinem jüngsten Buch „The Road to 9/11“ (Die Weg zum 11. September) habe ich nun eine etwas allgemeinere Theorie entwickelt. In diesem Zusammenhang möchte ich auf den Begriff ‚Deep State’ eingehen. Ich beginne „The Road to 9/11“, indem ich aus einem 1933 verfassten Brief von Franklin D. Roosevelt an einen engen Freund zitiere. Darin analysiert dieser den Stellenwert privater Interessen in ihrem Verhältnis zur Einflussnahme auf die amerikanische Politik. Franklin D. Roosevelt schreibt: „Die wirkliche Wahrheit … ist, wie Sie und ich sehr gut wissen, dass die Finanzkraft (Fettdruck von mit, TL) in den größeren Zentren seit den Tagen Andrew Jacksons stets die Regierung besessen hat.“ Nun, das ist ein nicht in Frage zu stellendes Faktum, über das bedauerlicherweise nicht viel gesprochen wird. Ich beginne also mein Buch, indem ich über eine Parallelwelt spreche, die diese Macht ausgeübt hat. Dass es diese Macht gibt, ist ein relativ kontinuierlicher Umstand der jüngeren Geschichte. Die Art, in der diese Macht ausgeübt wird, ändert sich allerdings historisch. Nach dem Zweiten Weltkrieg geschah dies hauptsächlich durch die Gründung der CIA und dann später durch eine Institution, die sie „Organisation for Political Coordination“ (Organisation für politische Koordination) nannten, kurz OPC. Diese Organisation war irgendwo im CIA versteckt worden. Mit dieser Institution war es möglich, die amerikanische Politik auf eine Weise zu kontrollieren, die faktisch unsichtbar war. Das war eine der Inkarnationen des ‚Deep State’ nach dem Zweiten Weltkrieg. Aber es war natürlich nicht die einzige. Ich könnte etwa die National Security Agency, kurz NSA, erwähnen, eine Organisation, die faktisch ohne Kontrolle des Kongresses installiert wurde und deren Aufgabe es ist, die übrige Welt zu überwachen.
HINTERGRUND: Viele würden an dieser Stelle sagen, dass moderne Staaten ebenso funktionieren.
Peter Dale Scott: Zunächst glaube ich, dass es schon anders ginge. Und dann möchte ich eines sagen: Was diese Entwicklung so bedenklich macht, ist der Umstand, dass Macht korrumpiert. Das heißt, diejenigen, die diese Macht ausüben und sie innehaben, werden durch sie selbst verändert. Und ich würde sogar noch weiter gehen und sagen, dass unkontrollierte Macht in der Regel dazu tendiert zu expandieren. Dies ist nun auch im Falle der Geheimdienstorganisationen geschehen, die während des Kalten Krieges aufgebaut worden sind. Und das hat schließlich zu der Situation geführt, in der wir uns heute befinden. Dass nämlich die Macht, die ursprünglich dazu gedacht war, einen äußeren Gegner abzuwehren, nun nach dem 11. September sogar zur Überwachung US-amerikanischer Bürger verwendet wird.
HINTERGRUND: Die Bürger der USA besitzen keinen nennenswerten Schutz mehr vor den von Ihnen beschriebenen Institutionen?
Peter Dale Scott: Es gibt immer noch einen gewissen Schutz der eigenen Bürger. Aber sie benutzen diese Macht zweifellos innerhalb der möglichen Grenzen. Eine besondere Veränderung ist, dass sie diese Machtbefugnisse gegen Menschen wie mich verwenden können. Ich bin Kanadier. Ich bin kein US-amerikanischer Bürger. Als Kanadier bin ich eine Art von “Green Card Fremdling” in den USA. Und in solchen Fällen wie dem meinen haben sie nun das sichere Recht, um etwa Überwachungsmaßnahmen gegen mich durchzuführen. Ich mache mir darum, nebenbei bemerkt, gar keine Sorgen. Ich ziehe es vor, dass sie wissen, was ich tue. Ich freue mich darüber, dass sie diesem Gespräch zuhören. Aber ich muss wissen, wie diese Kräfte expandieren, wenn sie nicht beaufsichtigt werden. Wenn sie der in der Verfassung vorgesehene Gewaltenteilung – die ja die Genialität der amerikanischen Verfassung ausmacht – entzogen sind. Ich hoffe, ich konnte Ihnen ein ungefähres Bild der Bedeutung des Begriffs „Deep State“ (Tiefenstaat) geben.
HINTERGRUND: Sicherlich haben die Dienste viele Möglichkeiten, im Geheimen zu agieren. Doch sind Geheimdienste wirklich in der Lage, das gesamte politische Leben eines Landes zu dominieren? Wird die Macht, die von den Geheimdiensten ausgeht nicht auch oft genug überschätzt?
Peter Dale Scott: Die Macht, die sie ausüben, ist ja nicht nur praktischer Natur. Ich möchte darauf genauer eingehen. Es handelt sich hier nämlich um die zentrale Fragestellung, die ich in meinem nächsten Buch behandeln werde. Wenn wir von Geheimdiensten sprechen, dann geht es nicht nur um das OPC und die NSA. In dem Buch, an dem ich gerade arbeite, spreche ich über die vorherrschende Geisteslage, die aus diesen Institutionen hervorgeht. Und diese vorherrschende Geisteslage oder Mentalität ist nicht nur innerhalb der Regierung und besonders in der Bush-Administration dominant. Sie wird zudem von den Medien (Fettdruck von mir, TL)vertreten und selbst in den Universitäten gibt es Bereiche, in denen sie sich durchgesetzt hat. Ein Land, das über ein ausgedehntes Netz an Geheimdiensten verfügt, führt nicht nur viele verdeckte Operationen durch. Darüber hinaus geht aus diesen Behörden eine Denkweise und Mentalität hervor, die schließlich anfängt, die Kultur zu beeinflussen. Wenn ich in einer akademischen Umgebung respektiert sein will, kann ich nicht über die Ermordung John F. Kennedys oder den 11. September frei sprechen. Und dass ich das nicht kann, ist ein Resultat dieser kulturellen Veränderung. Ich versuche das zu ändern. Das ist einer der Gründe, warum ich versucht habe, ein Zeichen zu setzen, indem ich meine Bücher vom Universitätsverlag drucken ließ. Doch der Universitätsverlag wurde daraufhin attackiert, weil er meine Bücher veröffentlicht hatte.
HINTERGRUND: Gibt es an den Universitäten in den USA kein kritisches intellektuelles Leben?
Peter Dale Scott: Doch, in manchen Bereichen gibt es das schon. Aber in Bezug auf die Themen, die mich interessieren, doch letztlich sehr wenig. Ich war eine Zeit lang erfolgreich in den Kulturwissenschaften. Aber die Politikwissenschaft hat sich, zum Schaden für die Disziplin, meinem Forschungsgegenstand doch weitgehend verschlossen. Es ist eine desaströse Situation. Ein Kollege von mir hier in Berkeley ist durch die gleiche Dialektik hindurchgegangen wie ich selbst. Ich meine den Politikwissenschaftler Chalmers Johnson. Er war früher sehr kritisch gegenüber dem, was ich tat und worüber ich sprach. Aber er ist nun mit einer sehr starken Kritik des amerikanischen Imperiums an die Öffentlichkeit getreten. Er scheint gegenwärtig sogar pessimistischer zu sein als ich. Denn er ist einen Weg gegangen, der ihn als einen, der an das politische System der USA glaubte, dazu führte, ein Ungläubiger dieses Systems zu werden. Ich habe niemals vollständig an das politische System der USA geglaubt. Es waren die amerikanischen Menschen, die mich davon überzeugt haben, Interesse dafür zu entwickeln, dass die ideelle Grundlage dieses Systems bewahrt und wieder verstärkt zur Geltung gebracht werden muss. Und dieser Aufgabe werde ich mich den Rest meines Lebens widmen.
HINTERGRUND: Lassen Sie uns über Ihre Beiträge zur Diskussion über den 11. September sprechen. Sie haben vorhin erwähnt, dass während des Kalten Krieges die USA auch Mafia- und Gangsterstrukturen benutzt haben, um die UdSSR zu bekämpfen. Heute leben wir wieder in einer Zeit zunehmender geopolitischer Spannungen. Eine Frage, die sich mir aufdrängt, ist, wie eigentlich das Verhältnis von Al-Qaida und den Geheimdiensten einzuschätzen ist. Jeden Tag lesen wir den Namen dieser Gruppe in den Zeitungen und doch weiß eigentlich niemand, wer oder was diese Organisation eigentlich ist. Wie unabhängig ist Al-Qaida, beziehungsweise handelt es sich hier überhaupt um eine unabhängige Organisation?
Peter Dale Scott: Nun, ich glaube, ich habe bis zu diesem Zeitpunkt noch nichts dazu gesagt, wer hinter dem 11. September steckt oder wer für die Ermordung John F. Kennedys verantwortlich ist. Es ist eine grundsätzliche methodische Vorgehensweise von mir, dass ich mich zu der Frage der Täterschaft nicht direkt äußere. (Ein kluger Mann, der seine Arbeit nicht verlieren will, will ich meinen- TL) Ich kann Ihnen Ihre Frage nach der Abhängigkeit oder Unabhängigkeit der Organisation Al-Qaida nicht beantworten. Aber natürlich habe ich in meinen Schriften über wesentliche Funktionsweisen und politische Macht gesprochen. Und die kommen auch im Falle der Organisation Al-Qaida zum Tragen. So bin ich in meinem Buch „Deep Politics – and the Death of JFK“ dem Zusammenspiel zwischen der CIA und der Unterwelt, insbesondere im Drogenhandel, nachgegangen. Es ist nun ein interessanter Umstand, dass der Drogenhandel im Falle Al-Qaidas wiederum von Bedeutung ist, auch wenn es sich hierbei möglicherweise nur um ein Nebenprodukt handelt.
HINTERGRUND: Kann man also sagen, dass der Drogenhandel den einzelnen Geheimdiensten die Möglichkeit bietet, Geld zu verdienen, das nicht durch den Kongress kontrolliert wird und auf diese Weise für hochgeheime Operationen zur Verfügung steht?
Peter Dale Scott: Das wird oft spekuliert, allerdings nicht von mir. Es gibt jedoch mittlerweile einen Fall, in dem uns genügend Datenmaterial zu Verfügung steht, um zu einem Urteil zu kommen. Und zwar hat das OPC im Kalten Krieg dabei geholfen, eine nationale chinesische Widerstandsarmee aufzubauen, die in Ost-Burma tätig war und sich selbst über den Drogenhandel finanzierte. Und dieses Geld hatte einen großen Einfluss entfaltet. Es war nämlich von politischer Bedeutung zur Unterstützung des Antikommunismus in der gesamten Region Südostasiens, besonders in China, Indochina und in gewisser Hinsicht auch auf der Malaiischen Halbinsel. Und es ist möglich, dass es von dort aus zurückkam. Eine Theorie ist, dass es dazu benutzt wurde, ein unabhängiges Budget für die Besetzung Japans bereitzustellen. Ich bin sehr interessiert an diesen Möglichkeiten. Aber ich habe nicht die Beweise, um sagen zu können, dass die CIA direkt Profite aus dem Drogenhandel bezogen hat. Die von der CIA unterstützten Gruppen in Südostasien taten dies zweifellos und dies mag genug sein.
HINTERGRUND: Hat die Sowjetunion denn versucht, den Drogenhandel zu kontrollieren? Kann man sagen, dass es im Kalten Krieg einen Kampf zwischen dem Osten und dem Westen um die Kontrolle des Drogenhandels gab?
Peter Dale Scott: Das Problem, vor dem man in Indochina stand und vor dem man in jeder Region steht, in der Drogen angebaut werden, war, dass auf jeden Fall irgendjemand die Profite des Opiumshandels in Nordost-Laos kontrollieren und nutzen würde. Einer der Gründe, warum die CIA so daran interessiert war, Einfluss in Laos auszuüben, war die Kontrolle des Drogenhandels. Dies sollte sicherstellen, dass die Nordvietnamesen den Drogenhandel in dieser Region nicht kontrollieren konnten. Ich weiß nicht, inwieweit auch die Sowjetunion sich um Einflussnahme im Drogenhandel bemühte. Aber unstrittig ist in jedem Fall, dass irgendjemand in Indochina die Kontrolle ausüben würde. Und dieser Umstand erzeugte einen enormen Handlungsdruck. Die chinesischen Kommunisten waren beispielsweise sehr interessiert daran, den Opiumhandel in der von ihnen kontrollierten Region zu bekämpfen. Zum einen aufgrund der dramatischen sozialen Schäden, den das Opium in der chinesischen Zivilgesellschaft angerichtet hatte, aber auch, weil die Kuomintang – die chinesische Nationalpartei unter Führung Chiang Kai-Sheks – mit der Green Gang (Grünen Bande) in Shanghai in Verbindung getreten war.
HINTERGRUND: Lassen Sie uns kurz die Namen klären, die Sie eben genannt haben. Die Kuomintang war eine chinesische Partei, die sich unter Führung Chiang Kai-Sheks nach dem verlorenen Bürgerkrieg gegen die Kommunisten nach Taiwan abgesetzt hatte und dort bis 1990 diktatorisch regierte. Taiwan war im Kalten Krieg mit den USA verbündet. Und die „Grüne Bande“ war eine mafiaähnliche, kriminelle Vereinigung, die den Opiumhandel und die Prostitution in Shanghai kontrollierte. Sie sagen nun, dass es Verbindungen zwischen der Kuomintang und dem von der Grünen Bande kontrollierten Opiumhandel gegeben hat und dass dies einer der Gründe war, warum Mao den Drogenhandel bekämpfen ließ.
Peter Dale Scott: Ja, Tai Li – der Chef des KMT, des Geheimdienstes der Kuomintang – verband die verschiedenen in Südost-Asien kämpfenden Gruppen zu einem großen geheimen Netzwerk. Dabei arbeitete er auch mit Tu Yueh-sheng, dem Verwalter des Drogenhandels der Grünen Bande in Shanghai zusammen. Und die zugrunde liegende Struktur, die all dies vereinigte, waren Drogen. Einer der wichtigsten Gründe, die Drogen in Burma wachsen zu lassen, war, die KMT Struktur am Leben zu erhalten und zu nähren. Dies wiederum war der Hauptgrund, warum die chinesischen Kommunisten begannen, gegen den Drogenhandel vorzugehen. Auch die Nordvietnamesen wollten kein Opium in Nordvietnam. Aber hier wird es sehr kompliziert. Denn es gab Gruppen um Saigon, die von den USA kontrolliert wurden und sich auch durch den Drogenhandel finanziert haben. Wollte man die Unterstützung dieser Gruppen zurückgewinnen, so musste man den Drogenhandel tolerieren.
HINTERGRUND: All dies ist sehr interessant. Doch ich möchte auf eine grundsätzliche Frage zurück kommen. Sie sprachen gerade von der Kontrolle des Drogenhandels im Vietnamkrieg. Später entwickelt sich daraus ein „Krieg gegen die Drogen“. Sehen Sie hier Parallelen zum heutigen Phänomen des internationalen Terrorismus und dem heute geführten „Krieg gegen den islamischen Terror“?
Peter Dale Scott: Ich beantworte solche Fragen am liebsten, indem ich mich der Vergangenheit zuwende. Wenn wir heute wissen wollen, was Al-Qaida eigentlich ist, so müssen wir zuerst fragen, wie diese Organisation eigentlich entstanden ist. Dies führt uns in die frühen achtziger Jahre, als die USA den Widerstand gegen eine sowjetische Invasion in Afghanistan unterstützt haben, der wiederum von den Amerikanern zum großen Teil mit hervorgerufen wurde. Zbigniew Brzezinski, der ehemalige Sicherheitsberater unter Jimmy Carter, hat 1998 in einem Interview mit der französischen Zeitung „Le Nouvel Observateur“ offen damit angegeben, der Sowjetunion damals eine Falle gestellt zu haben. Er meinte damit die Destabilisierung Afghanistans, die schließlich die sowjetische Invasion des Landes mit herbeigeführt hat. Als dann die Besatzung für die Sowjets zunehmend schwieriger wurde, haben die USA den Widerstand unterstützt. Doch sie haben nicht wirklich den Widerstand der ansässigen Afghanen unterstützt. Stattdessen haben sie hauptsächlich Dschihadisten und Mudschaheddin aus Pakistan und Saudi-Arabien finanziert. Sowohl die USA als auch Pakistan zogen es vor, keine einheimischen Widerstandskämpfer zu unterstützen. Pakistan unterstützte einen Mann mit Namen Hekmatyar (Fettdruck von mir, TL)- hauptsächlich deshalb, weil er eine nur sehr kleine Basis innerhalb der afghanischen Bevölkerung besaß. Dies garantierte, dass er bereit war, die Durand-Linie zu akzeptieren, die Paschtunistan in einzelne Teile teilt, die entweder in Pakistan oder in Afghanistan liegen. Dieser Mann, dem in der eigenen Bevölkerung die Basis fehlte, fing stattdessen an, den Drogenhandel aufzubauen. Ungefähr die Hälfte der amerikanischen Hilfsmittel für den afghanischen Widerstand ging in den achtziger Jahren an Hekmatyar, der daraufhin zum weltweit führenden Opium- und Heroinhändler aufstieg. (Fettdruck von mir, TL) . Er besaß sein eigenes Heroinland, das wiederum vom pakistanischen Geheimdienst, dem ISI kontrolliert wurde. Und die Organisation Al-Qaida ist aus diesen Strukturen hervorgegangen. Al-Qaida repräsentierte die Nicht-Afghanen, die kämpften, die so genannten arabischen Afghanen. Und als die Sowjetunion 1988 erklärte, dass sie aus Afghanistan abziehen würden – und sie zogen 1989 ab – war das eine große Krise für die arabischen Afghanen. Denn was sollten sie jetzt tun? Da gab es Kämpfe im Inneren der Bewegung, aber die dominante Position, die sich schließlich durchsetzte, war die von Osama Bin Laden. Seine Fraktion trat dafür ein, zu einer globalen Kraft zu werden, die dafür kämpfte, den ausländischen Einfluss aus allen arabischen Ländern zu vertreiben. Und dies führte ihn natürlich nach und nach in einen offenen Konflikt mit den Vereinigten Staaten.
HINTERGRUND: Diese Beschreibung entspricht weitgehend der offiziellen Position. Doch war es wirklich ein Konflikt?
Peter Dale Scott: Ich habe Ihnen keine Theorie dessen gegeben, was exakt am 11. September 2001 oder am 22. November 1963 passiert ist. Meine offizielle Position, oder – wenn Sie so wollen – meine öffentliche Position lautet in beiden Fällen, dass wir die Wahrheit über den 11. September und auch die Wahrheit über die Ermordung John F. Kennedys nicht kennen und dass wir in beiden Fällen nicht wirklich wissen, was passiert ist. Und der hauptsächliche Grund dafür, warum wir nicht wissen, was passiert ist, ist der, dass die amerikanische Regierung in beiden Fällen eine unabhängige kriminalistische Untersuchung vereitelt und Spuren verdeckt und unterschlagen hat. Insbesondere der CIA hatte in beiden Fällen aktiv Vertuschung betrieben, was wiederum den Rückschluss zulässt, dass in beiden Fällen möglicherweise eine CIA Beteiligung vorliegt, die sie geheim halten wollen. (Fettdruck von mir). Und dies wird auch immer deutlicher im Falle der Kennedy-Ermordung. Wir haben die Möglichkeiten immer weiter und weiter eingegrenzt, bis immer deutlicher wurde, dass die CIA ein operatives Interesse – nicht am Menschen Oswald – sondern an der Akte Lee Harvey Oswald hatte. Sie entwickelten eine Legende um Lee Harvey Oswald, die dazu benutzt wurde, ihn als Einzeltäter darzustellen.
HINTERGRUND: Und ist ein ähnliches Vorgehen nun auch im Falle der Attentäter des 11. September zu beobachten?
Peter Dale Scott: Ja, die Fälle weisen eine Vielzahl an Ähnlichkeiten auf. Eine betrifft die Tatsache, dass die CIA – ähnlich wie im Falle Oswalds – nun ebenfalls ein operatives Interesse daran hat, mindestens in zwei Fällen die Identität der Menschen zu schützen, die als Al-Qaida-Hijacker identifiziert worden sind. Aber natürlich haben wir hier das Problem, dass wir immer noch nicht wissen, wer diese Hijacker wirklich waren. Wenn man nun methodisch davon ausgeht, dass in den Flugzeugen Hijacker saßen – ich persönlich glaube, dass dort welche waren – dann steht man vor dem Problem, dass es bei der vorhandenen Datenlage kaum möglich ist, Vertrauen in die Namen zu haben, die uns genannt worden sind. Einfach aufgrund der Tatsache, dass dort noch andere Namen hinzu addiert wurden, wie zum Beispiel Adnan Bukhari, dessen Name dann plötzlich wieder verschwunden war, als sich herausstellte, dass Adnan Bukhari nicht nur noch am Leben und gesund war, sondern sich außerdem im Inneren der Vereinigten Staaten aufhielt und mittlerweile mit dem FBI gesprochen hatte. Aber ebenso ungewöhnlich sind die Fälle Khalid Almidhar und Nawaf Alhamzi, die beide im Jahr 2000 in Los Angeles zusammenkamen. Die Regierung lügt immer noch über sie und der 9/11 Commission Report lügt ebenfalls über sie. Denn würden sie wirklich alle Informationen freigeben, die sie vermutlich haben, so würde sich herausstellen, dass es zumindest ein gewisses Interesse der Regierung Saudi Arabiens an diesen Personen gegeben hat. Wie Lawrence Wright in seinem Buch „The Looming Tower“ (Der drohend aufragende Turm) spekuliert hat, deutet manches darauf hin, dass die CIA in großem Umfang interveniert hat, um diese Spur zu verwischen. Sie hat zumindest die Leugnung von Geheimdienstaktivitäten auf das FBI ausgedehnt und dies zur gleichen Zeit, als dem damaligen Chef des FBI und dem ehemalige Nationalen Sicherheitsberater in der zweiten Amtszeit Clintons, Samuel Burger über diese Personen Bericht erstattet wurde. Hier liegen Widersprüche vor, die Personen auf höchster Ebene betreffen. Meine Methode ist, sich nicht so sehr auf das zu konzentrieren, was wir wissen, sondern stattdessen darauf, was wir nicht wissen, insbesondere dann, wenn die Quellen, die uns unterrichten könnten, unzugänglich gemacht oder geleugnet werden. Und diese Suche nach den Quellen, von denen wir zwar wissen, dass sie existieren, in die wir aber keinen Einblick haben, verweist in beiden Fällen, sowohl was die Kennedy-Ermordung betrifft als auch den 11. September, auf die CIA.
HINTERGRUND: Neben der immer noch ungeklärten Identität der Hijacker haben Sie sich auch noch mit einem anderen Umstand des 11. September eingehend beschäftigt. Nämlich der Frage, warum die Luftverteidigung an diesem Tag nicht funktioniert hat. In diesem Zusammenhang schreiben Sie in Ihrem Buch auch über eine Änderung der Befehlskette gut zwei Monate vor dem 11. September.
Peter Dale Scott: Der 9/11 Commission Report erkennt an, dass die Befehle für eine militärische Reaktion im Falle von Unregelmäßigkeiten einzelner Flüge eine Routinemaßnahme sind. Dass nämlich Flugzeuge, die aus unbekanntem Grund vom Kurs abgekommen sind, automatisch innerhalb eines kurzen Zeitfensters auf friedliche Weise abgefangen werden. Und zwar dadurch, dass ein Abfangjäger aufsteigt und das Flugzeug begleitet, Kontakt zu dem Piloten aufnimmt und auf diese Weise versucht in Erfahrung zu bringen, was passiert ist.
Der Untersuchungsbericht führt weiter aus, dass diese Regelungen am 11. September deshalb nicht ausgeführt worden sind, weil ihr Ablauf falsch organisiert war. Dabei verweist der Report auf eine Anordnung der Vereinigten Stabschefs vom 1. Juni 2001, durch die die Befehlskette verändert wurde. Diese Änderung bewirkte, dass die Routinemaßnahmen nicht mehr selbständig ausgeführt werden konnten. Seit dem 1. Juni 2001 bedurfte es einer Bewilligung von höchster Ebene, nämlich vom Präsidenten oder vom Verteidigungsminister selbst, um diese Routinemaßnahmen durchzuführen.
Es ist jedoch auffällig, dass der 9/11 Kommission das Datum des Befehls nicht einmal eine Frage wert ist. Die Autoren des Untersuchungsreports ignorieren einfach die zeitliche Nähe zwischen der Änderung der Befehlskette und den Anschlägen. Ich denke, eine unabhängige Untersuchungskommission zum 11. September würde fragen: Warum haben wir am 1. Juni 2001, drei Monate vor den Anschlägen, eine neue Regelung bekommen? Nun, jemand der diese Frage untersucht hat, indem er mehrere Schlüsselpersonen interviewte, war Michael Ruppert. Er kam zu dem Schluss – möglicherweise kann ich ihn korrigieren, denn es muss immer noch verifiziert werden – dass die Veränderung der Befehlskette durch die Vereinigten Stabschefs das Ergebnis einer zuvor eingesetzten Projektgruppe gewesen ist. Diese wiederum – und hier schließen sich die Kreise – wurde von Dick Cheney geleitet. Diese Sachverhalte werfen Fragen auf, die beantwortet werden müssen. Welche Veränderungen hat Dick Cheneys Projektgruppe wirklich hervorgerufen? Waren sie verantwortlich für die Veränderung der Befehlskette? Wir wissen nicht die Antwort. Aber eines ist bereits klar: Dass es bisher keine Untersuchung gegeben hat, warum die Regeln an diesem 1. Juni 2001 verändert wurden. Und es wurde auch nicht untersucht, warum diese Änderung der Befehlskette im Dezember 2001, also zwei Monate nach den Anschlägen, wieder rückgängig gemacht worden ist. Fortan war es wieder erlaubt, dass Abfangjäger selbständig aufsteigen durften, um vom Kurs abgekommene Flugzeuge abzufangen. Doch zwischen Juni und Dezember 2001 war die Zustimmung des Präsidenten oder des Verteidigungsminister erforderlich, um Abfangjäger aufsteigen zu lassen.
Ich muss nicht extra erwähnen, dass dies eine ganz absurde Regelung ist. Insbesondere dann, wenn sie einen Präsidenten in Tampa, Florida haben, der gerade eine Schule besucht und einen Verteidigungsminister, der nach eigenen Angaben gerade dabei half, auf dem Rasen vor dem brennenden Pentagon verletzte Leute auf Tragbaren zu legen. Es handelte sich schließlich um einen Angriff auf die Vereinigten Staaten von Amerika und in dieser außergewöhnlichen Situation war diese Verhaltensweise für sich betrachtet eine unglaubliche Reaktion. Wir hatten einen Verteidigungsminister, der – wie es später einer seiner Untergebenen kommentiert hat – Fahnenflucht begangen hat. Aber natürlich war die Veränderung der Befehlskette mindestens ebenso absurd. Die Regeln ließen zwar Entscheidungsspielräume für bestimmte Ausnahmen offen, aber sie schafften dennoch einen allgemeinen Handlungsrahmen, der, wie der Untersuchungsbericht korrekt analysiert, die Reaktionszeiten im Notfall enorm verlangsamte.
Über den 11. September, politische Macht und die Kraft der Poesie |
Ein Gespräch mit Peter Dale Scott – Teil II. |
HINTERGRUND: Nun könnte jemand einwenden, dass es wegen dieser offenen Fragen nicht extra einer neuen Untersuchung bedürfe. Warum halten Sie eine neue, unabhängige Untersuchung für so wichtig?
Peter Dale Scott: Weil sich unser politisches System seit diesem 11. September 2001 so sehr verändert hat. Lassen Sie mich ein Beispiel anführen. Diese Veränderung wurde sehr greifbar, als im Herbst 2007 der Vorsitzende des Kongresses, Peter DeFazio, danach fragte, den geheimen Anhang zu Präsident Bushs NSPD 51, (einer Verordnung im Zusammenhang zu den „Continuity of Government“ Plänen) einsehen zu dürfen. Und man sagte ihm, er könne sie nicht sehen, denn ihm fehle die Genehmigung für die betreffende Geheimhaltungsstufe. Und daraufhin wurde dem gesamten Komitee in einem Anschreiben mitgeteilt, sie könnten ebenfalls nicht den Anhang zu diesem Gesetzestext einsehen, denn auch sie hätten die betreffende Berechtigung nicht. Dies ist für mich ein deutliches Zeichen, dass der „Deep State“ bis zu einem neuen Level expandiert ist. Hier sind Pläne, die unter dem Verdacht stehen, das Außerkraftsetzen der Verfassung zu beinhalten. Aber faktisch setzen sie die Rolle des Kongresses bereits jetzt außer Kraft, indem sie sagen: „Du Kongress möchtest die Anhänge zu diesen Verordnungen sehen? Wir aber sagen Dir, dass Du dies nicht kannst, denn Dir fehlt die Berechtigung.“ Dies sollte eine Verfassungskrise auslösen. Der Kongress reagiert aber überhaupt nicht und das ist der Grund, warum ich denke, dass wir bereits in die neue Ära eingetreten sind. Eine Ära, in der eine einzige dominante Mentalität nicht nur beide politische Parteien kontrolliert, sondern auch die Exekutive.
HINTERGRUND: Das bedeutet de facto das Ende der Demokratie. (Fettdruck von mir,TL). Aber führt das nicht zumindest in der Außenwirkung zu einer immer stärkeren Ablehnung der US-Politik? Kann sich diese Politik nicht sogar als strategischer Fehler erweisen, weil sie möglicherweise die Beziehungen zu Ländern der übrigen Welt erschwert?
Peter Dale Scott: Im Moment bestimmen wirklich einige sehr dumme Menschen unsere Außenpolitik. Theoretisch könnten wir ein Goldenes Zeitalter haben, in dem die klugen und zivilisierten Amerikaner Verhandlungen aufnähmen mit den klugen und zivilisierten Chinesen und den klugen und zivilisierten Russen, aber wir haben zurzeit keine klugen Amerikaner. Natürlich gibt es einsichtsvolle Amerikaner in diesem Land, aber sie sind nicht an der Macht. Ich würde sagen, die Menschen an der Macht haben auf erschreckende Weise ihre Dummheit unter Beweis gestellt, als sie sich entschlossen haben, eine Invasion im Irak zu beginnen. Jeder, der halbwegs sachkundig war, wusste damals, was passieren würde. Ich denke, die Idee, dass man drei Jahrhunderte des römischen Friedens unter US-amerikanischer Herrschaft haben könnte, versäumte zu berücksichtigen, dass es noch andere Mächte in der Welt gibt. Und entweder leben wir mit ihnen auf rationale und friedliche Weise zusammen oder aber wir fahren einfach damit fort, unsere militärische Macht zu demonstrieren. Sie kennen sicherlich den Theoretiker Samuel Huntington. Ich glaube, dass er in periodisch wiederkehrenden Zyklen einen äußerst schädlichen Einfluss auf die US-amerikanische Politik genommen hat. Sein jüngster Beitrag war seine Theorie vom Zusammenstoß der Zivilisationen. Seine Ideen haben immer noch einige Unterstützer in Washington. Meine Position zu dieser These ist, dass Zivilisationen nicht zusammenstoßen. Was zusammenstößt, sind in Wirklichkeit Barbarisationen. Wenn wir eine zivilisierte Regierung in Washington hätten, so würde sie mit Sicherheit nicht diesen Krieg gegen den Terror führen. Stattdessen würden sie sich mit sozialen Problemen im Nahen Osten befassen, die gewissermaßen den Nährboden für die populäre Unterstützung Al-Qaidas darstellen. Aber wir werden eine solche Regierung nicht bekommen, bevor wir nicht eine neue politische Mentalität ausgebildet haben, die sich von der vorherrschenden autoritären Denkweise unterscheidet. Die jetzt vorherrschende Denkweise ist extrem aggressiv und leichtsinnig und dient dazu, die globale Vorherrschaft für die USA dauerhaft zu etablieren. Sie übt Gewalt aus, die wiederum Gewalt hervorruft. Diese Denkweise reicht zurück bis zu den Tragödien des Aischylos. Wenn wir wirklich eine auf Gewalt begründete Vorherrschaft in der Welt einführen, so werden wir gewalttätigen Widerstand hervorrufen. Und dieser Widerstand wird Unterstützung von anderen Staaten bekommen. Und dies wiederum kann zu einem wirklich bösartigen Ende führen. Ich möchte betonen, dass ich kein Pessimist bin. Ich sage nicht, dass dies passieren wird. Aber was ich sage, ist, dass die Konsequenzen einer Fortsetzung der gegenwärtigen Politik sehr klar und eindeutig sind.
HINTERGRUND: Ich habe eine Frage zu Zbigniew Brzezinski, den ehemaligen Sicherheitsberater Jimmy Carters. In seinem Hauptwerk „The Grand Chessboard“ (auf Deutsch: Die einzige Weltmacht) aus dem Jahre 1997 trat er noch in eine ideologische Nähe zu den Neokonservativen und entwarf einen Plan, der letztlich darauf hinauslief, die gesamte Welt zu erobern. Umso erstaunlicher ist es, dass er vor ungefähr einem Jahr – erst während einer Anhörung vor dem Senat und dann in mehreren Artikeln in der Washington Post – sehr stark gegen die neokonservative Politik des Kulturkampfes und des Kriegs gegen den Terror opponiert hat. Natürlich ist dieser Kritik mit Misstrauen zu begegnen. Denn Brzezinski hat vielfältig unter Beweis gestellt, dass seinem Denken eine Logik der Macht und nicht eine Logik der Zivilisation zugrunde liegt. Meine Frage lautet daher, wie Sie seine derzeitige Rolle einschätzen?
Peter Dale Scott: Wo Sie seinen Namen gerade erwähnen, ich sollte in meinem nächsten Buch schreiben, dass beide, sowohl Brzezinski als auch Kissinger letztlich Nachfolger gewesen sind. Die Regierungen waren zwar unterschiedlich, Nixon war Republikaner und Carter war Demokrat. Aber beide hatten einen Nationalen Sicherheitsberater, der von den Rockefellers ernannt wurde, nämlich Kissinger und Brzezinski. Und ich habe in „The Road to 9/11“ gesagt, dass beide ihre Positionen und ihren Einfluss nutzten, um eine desaströse Rockefeller-Politik gegen Chile – im Falle Kissingers – und gegen den Iran – im Falle Brzezinskis – zu implementieren. Es ist ein sehr bedrückend stimmendes Zeichen in Bezug auf die Präsidentschaftswahlen 2008, dass Kissinger nun ein Berater von Hillary Clintons ist, während Brzezinski das Amt eines außenpolitischen Beraters Barack Obamas innehat. Möglicherweise ist Brzezinski inzwischen etwas reifer geworden, als er sonst zu sein pflegte, was ich jedoch letztlich nicht weiß. Ich kenne Zbigniew Brzezinski persönlich. Wir waren beide zusammen an der Universität McGill und haben ein kleines Seminar mit vier Leuten besucht. Ich kenne ihn also vergleichsweise gut. Das ist auch der Grund, warum ich fürchte, dass seine gegenwärtige Opposition gegen weitere Risikoaktionen in Zentralasien letztlich darin begründet sein könnte, dass für ihn der Hauptfeind Amerikas immer Russland gewesen ist. Und ich denke, er ist sehr besorgt, dass ein US-amerikanischer Angriffskrieg gegen den Iran möglicherweise gegen die Vereinigten Staaten gerichtete Bündnisbeziehungen zwischen China, Russland und Iran zur Folge haben könnte. Ich habe einmal ein Buch über die geopolitische Strategie der USA gelesen und bereits in den einleitenden Seiten wurde gesagt, dass ein solches asiatisches Bündnis der größte Albtraum der amerikanischen Geopolitik ist. (Fettdruck von mir, TL). Um auf Ihre Frage zurückzukommen, ich kann zurzeit nicht sagen, welche Rolle Brzezinski gegenwärtig spielt oder anstrebt zu spielen. Ob er wirklich reifer geworden ist oder stattdessen nur zu seiner einstigen Schachspielermentalität im großen Spiel mit der Sowjetunion zurückgefunden hat. (Ich, Tony Ledo, würde diese Bemerkung PDS‘ als Ausdruck geschickter Diplomatie bezeichnen).
HINTERGRUND: Dann formuliere ich meine Frage noch einmal etwas anders. Gibt es Fraktionen innerhalb der US-amerikanischen Elite, die sich für eine friedliche Lösung der aktuellen geopolitischen Krise einsetzen? Eine Lösung, die beispielsweise jener entspricht, die einst Michail Gorbatschow für den Übergang der Sowjetunion angestrebt hat, nämlich mit friedenspolitischen Maßnahmen eine geopolitische Krise zu bewältigen.
Peter Dale Scott: Ich möchte gleich kommentieren, dass eines der Dinge, die mich wirklich am meisten in Erstaunen versetzt haben, war, wie Amerika versagt hat, als es darum ging, Gorbatschows Initiative für den Weltfrieden in einer positiven Art und Weise zu beantworten. Selbst als Reagan persönlich begann, Vertrauen zu Gorbatschow zu schöpfen und als Maggie Thatcher Vertrauen zu ihm fasste, selbst zu diesem Zeitpunkt hat die CIA ihren Kampf gegen die UdSSR fortgesetzt. Und zwar indem sie den Ölpreis auf ein Rekordtief fallen ließ. Auf diese Weise bekämpfte der CIA Gorbatschows Wirtschaftspolitik. Der künstlich gedrückt Ölpreis stellte sicher, dass Gorbatschow sich nicht an der Macht halten konnte und letztendlich aufgeben musste.
HINTERGRUND: Es war tatsächlich eine große historische Chance nach dem Fall der Berliner Mauer, die ungenutzt geblieben ist. Aber ich möchte konkret fragen: Könnte ein künftiger Präsident Barack Obama eine ähnliche Rolle einnehmen wie Gorbatschow und sich dazu entschließen, ein überdehntes Imperium abzuwickeln?
Peter Dale Scott: Manche hoffen, dass Obama eine so großzügige Vision entwickeln könnte. Aber ein wichtiges Merkmal des politischen Systems in der Sowjetunion war, dass der Parteisekretär sehr viel Macht innehatte. Kein Individuum in Amerika wird jemals diese Art von Macht besitzen, die Gorbatschow besaß. Und kein Individuum in Amerika ist in der Lage, und schon gar nicht durch Wahlverhalten, die herrschende Mentalität zu Fall zu bringen, die – wie ich ja bereits erwähnte – der eigentliche Souverän ist.
HINTERGRUND: Was Sie sagen, erweckt fast den Anschein, als ob die Machtstruktur in Moskau transparenter war, als sie es heute in den USA ist?
Peter Dale Scott: Die Machtstruktur in den Vereinigten Staaten ist sehr stark von oben nach unten ausgerichtet und das ist eine Ähnlichkeit zur Sowjetunion. Aber das Machtzentrum ist darüber hinaus auch sehr chaotisch. Es ist ein bisschen so, wie es der deutsche Politikwissenschaftler Franz Neumann in den vierziger Jahren in seiner bahnbrechenden Analyse des nationalsozialistischen Machtapparates beschrieben hat. Sein Buch trug den Titel „Behemoth“[1], was bedeuten sollte, dass der nationalsozialistische Staat zwar sehr autoritär organisiert, aber deshalb noch lange nicht einheitlich verfasst war. Neumann wies nach, dass letztlich das genaue Gegenteil der Fall war. Im Zentrum des NS – Staates herrschte sehr viel Chaos. Chaos zwischen der SS und Teilen der deutschen Industrie, was wiederum dazu führte, dass Politik nur sehr unflexibel ausgeübt werden konnte.
Das heutige Amerika weist hier Ähnlichkeiten auf. Es ist eine Art von Behemoth, auch wenn die Situation noch nicht ganz so weit fortgeschritten ist, wie einst in Nazideutschland. Und wie ich in meinem Buch „The Road to 9/11“ geschrieben habe, werden wir die Situation nicht wirklich ändern, ehe wir nicht eine sehr viel kohärentere Zivilgesellschaft aufgebaut haben, die solche Veränderungen verlangt. Einer der Vorteile der gegenwärtigen Krise ist, dass es die Leute kritisch und aufmerksam macht. Aber solange nicht eine Vielzahl von Menschen aufwachen und auf neue Art und Weise beginnenden, über Politik nachzudenken, solange werden wir sicherlich keine Veränderungen in der Politik erleben.
HINTERGRUND: Ihr Kollege Prof. David Ray Griffin hat des Öfteren gesagt, dass der politische Umschwung aus Europa kommen müsse. Das nur die Zivilgesellschaft Europas und vielleicht Japans eine andere Weltpolitik fordern könnten, da die US-amerikanische Bevölkerung in zu großem Umfang durch die Medien manipuliert ist.
Peter Dale Scott: Ich bin in dieser Hinsicht nicht so pessimistisch. Ich denke, eine der großen Möglichkeiten, die wir heute haben, ist das Internet. Es bietet eine Möglichkeit, die zuvor nie existierte: Nämlich dass Millionen Amerikaner nun wirklich leicht lesen können, was zum Beispiel im Guardian gesagt wird, in der India Times oder zum Beispiel in der Asia Times. Die Asia Times ist mittlerweile auf dem Vormarsch in Amerika allein aufgrund des Internets. Eine der positiven Konsequenzen der Globalisierung ist, dass sich langsam aber stetig eine globale politische Meinung herausbildet. Diese wird zunehmend stärker. Sie übt Druck aus, z.B. auf die Regierung Myanmar, die Leute mit Hilfsgütern in das Land zu lassen. Ich sage voraus, dass solange das Internet offen bleibt, solange werden wir eine stärkere und zunehmend stärkere globale öffentliche Meinung haben. Der Zugang zum Internet könnte beschränkt werden. Aber solange wir ein offenes Internet haben, solange können wir uns theoretisch in Richtung einer besseren Welt bewegen. Betrachtet man allerdings die USA alleine, dann sind die Chancen wiederum nicht so gut.
HINTERGRUND: Zu Beginn unseres Gesprächs sprachen wir über Hegel und die Geschichtsphilosophie. Der hegelianische Begriff des „Weltgeistes“ beschreibt gewissermaßen den Zug oder Trend einer Zeit, der zwar gebremst, aber nie auf Dauer unterdrückt werden kann. Wenn wir nun die aktuelle politische Lage anschauen: Auf welcher Seite manifestiert sich für Sie heute der Weltgeist oder anders ausgedrückt, der unumstößliche Zug der Zeit. Sind es die neuen über das Internet organisierten politischen Bewegungen? Oder sind es die Geheimdienste mit ihrer auf die Sicherung von Staatsinteressen ausgerichteten Mentalität? In welche Richtung bewegen wir uns? In Richtung eines immer mächtigeren Staates oder in Richtung einer immer mächtigeren Zivilgesellschaft?
Peter Dale Scott: Nun, ich will versuchen hegelianisch zu denken. Hegel war ja wirklich ein Genie, wenn es darum ging, die vergangene Geschichte zu denken. Ich bin allerdings der Ansicht, dass er nicht annähernd so brillant war, wenn es darum ging, seine eigene Zeit zu verstehen. Insbesondere sein Begriff des Staates war unzureichend. Um Ihre Frage zu beantworten, muss ich sagen, dass ich selbst unentschieden bin. Ich denke, was sich in Zukunft abzeichnet, ist, dass es eine kontinuierlich wachsende Zahl an mehr und mehr entwickelten Individuen geben wird. Wir werden es in immer größerem Umfang mit Menschen zu tun haben, die nicht einfach schlafend glauben, was die Medien ihnen erzählen. Diese Entwicklung vollzieht sich im Angesicht von ebenfalls immer effizienter organisierten und zunehmend repressiver agierenden Staaten, die sehr gewissenlos handeln, die Opposition innerhalb ihrer Grenzen zersetzen oder eindämmen. Ich mache keine Vorhersage hinsichtlich der Frage, welche dieser beiden Kräfte die Vorherrschaft erlangen wird. Ich sage nur, dass beide Seiten in Zukunft mehr Kraft und Einflussmöglichkeiten besitzen werden, als in der Vergangenheit.
HINTERGRUND: Gehört es nicht zu den Paradoxien unserer Zeit, dass ausgerechnet in dem Land, das weltweit als eines der Geburtsländer der Demokratie angesehen wird, heute ein Macht- und Sicherheitsapparat entstanden ist, der die Demokratie bedroht. Wie schätzen Sie die Möglichkeit ein, dass die politische Tradition der USA, die sich ja auf der amerikanischen Revolution begründet, erneuert werden könnte. Besteht die Möglichkeit, dass die Bevölkerung erneut ihrer vergessenen Macht inne wird?
Peter Dale Scott: Nun, natürlich mag ich die Idee, die politische Tradition der USA zu erneuern. Ich weiß jedoch nicht, ob es möglich sein wird, eine revolutionäre Alternative aufzugreifen, die über 200 Jahre in die Vergangenheit zurückreicht. Ich glaube nicht, dass dies funktionieren wird. Eine wirklich realistische Veränderung muss in kleineren Schritten von statten gehen. Zunächst geht es darum, das bestehende politische System dazu zu bringen, bessere Resultate zu erzielen. In einem zweiten Schritt geht es darum, Reformen einzuleiten. Wir wollen keinen Kandidaten, der den Irakkrieg einfach fortsetzt wie bisher. Das bedeutet, dass die kommenden Wahlen wichtig sein werden. Wissen Sie, eine Eigenschaft der US-amerikanischen Gesellschaft – sie ist zugleich gut und schlecht – ist, dass die Zivilgesellschaft auf so vielen verschiedenen Ebenen existiert. Sie haben die Ideale der amerikanischen Revolution im Kontrast zum derzeitigen Sicherheitsapparat erwähnt. Aber dies sind nur zwei extreme Pole. Es gibt so viel Platz dazwischen, die kommunale Ebene, die Bundesstaaten, etc.
…..
HINTERGRUND: Sie erwähnten vorhin auch die Möglichkeiten des Internets, eine weltweite Öffentlichkeit zu schaffen. Könnten Sie uns ein Beispiel nennen, das dies veranschaulicht?
Peter Dale Scott: Ein sehr gutes Beispiel ist der Kongressabgeordnete Peter DeFazio aus Oregon, dessen Fall ich vorhin schon kurz geschildert habe. Der Fall ist wirklich ein Beispiel, wie das Internet die Dinge verändert hat. Wir haben nämlich gegenwärtig in den USA ein 9/11 Truth Movement. Und als die präsidiale Verordnung 51 zur nationalen Sicherheit herauskam und es hieß, sie habe bestimmte Anhänge, die sich auf die „Continuity of Government“ Planungen beziehen, da war es das 9/11 Truth Movement, das sehr viel Druck auf den Abgeordneten DeFazio ausgeübt hat, die Anhänge zu sehen. Und er machte seinen Job. Er versuchte sein Bestes. Er wurde jedoch abgewiesen. Daraufhin ersuchte er das Komitee schriftlich darum, die Anhänge einsehen zu können. Das Komitee lehnte dies wiederum in einer schriftlichen Antwort ab. (Das 9/11 Truth Movement könnte aber auch Teil der 9/11-Agenda der Drahtzeiher hinter 9/11 sein! siehe, was er hier weiter unten sagt – – TL)
HINTERGRUND: Die sich zunehmend über das Internet organisierende Zivilgesellschaft hat zwar Peter DeFazio dazu bewegen können, Fragen und Forderungen zu stellen, aber der Kongress hat insgesamt nicht reagiert.
Peter Dale Scott: Ja, das ist leider richtig. Die Vorgehensweise, die durch das Handeln DeFazios sichtbar geworden ist, hätte im Grunde genommen einen Aufschrei im Kongress hervorrufen müssen. Der Kongress hätte Stellung beziehen und dem Komitee sagen müssen: „So, Sie versuchen unsere Verantwortung für die Aufrechterhaltung der in der Verfassung vorgesehenen Gewaltenteilung zu behindern! Wir werden Sie dafür zur Verantwortung ziehen!“ Doch wir sprechen hier über ein Ereignis, das sich im Herbst 2007 ereignete und nun haben wir Sommer 2008 und es wird zunehmend unwahrscheinlicher, dass es Anhörungen des Kongresses zu diesem Fall geben wird.
HINTERGRUND: In Ihrem auch auf Deutsch erschienen Buch „Die Drogen, das Öl und der Krieg“ haben Sie am Beispiel des Vietnamkrieges beschrieben, dass staatliche Machtstrukturen selten aus dem Scheitern einer Strategie lernen. Versagt eine favorisierte Strategie, so wird diese meistens nicht geändert, sondern stattdessen versucht, sie sogar noch zu intensivieren. Was bedeutet diese Einsicht, wenn man sie auf den so genannten „Krieg gegen den Terror“ und die Expansion des geheimdienstlichen Sicherheitsapparates anwendet?
Peter Dale Scott: Es sollte uns gar nicht wundern, dass man diesen Gedanken von der Intensivierung vorhandener politischer Strategien auch im 9/11 Commission Report findet. Die 9/11 Commission hat nämlich nach den Anschlägen gesagt, dass die Geheimdienste versagt hätten und man daher deren Rolle neu überdenken müssen. Sie forderten daraufhin, eine noch sorgfältig ausgearbeitetere Hierarchie in den Diensten aufzubauen. Und sie schufen auf diese Weise einen neuen Level in den Geheimdiensten, der diese noch unabhängiger gegenüber öffentlicher Kontrolle machte und auf diese Weise die Kluft zwischen dem öffentlichen Staat und dem Tiefenstaat noch weiter ausdehnte. In diesem Zusammenhang ist übrigens interessant, dass der Warren Report, der damals die Ermordung John F. Kennedys untersuchen sollte, genau dasselbe tat, was heute die 9/11 Commission tut. Auch der Warren Report sagte damals, Oswald habe es ganz alleine getan und daraus schlossen sie, dass ein Ausbau der Überwachung und eine Ausweitung professionell organisierter Sonderabteilungen notwendig seien. Dieselbe Forderung wird auch heute wieder erhoben. Und sie wird nicht etwa im Geheimen gestellt. Nein, sie wird sogar öffentlich erhoben. Und sie können sich dennoch und trotz ihrer offenkundigen Fadenscheinigkeit durchsetzen. Und das liegt letztlich daran, dass die gegenwärtige dominante Mentalität und politische Geisteslage gar nicht erkennt, wie problematisch und gefährlich diese Prozesse letztlich sind.
…….
HINTERGRUND: Es wird in der Regel nicht wahrgenommen, dass Nachrichtendienste einen Informationsvorsprung vor jeder gewählten Regierung besitzen und deshalb nur sehr schwer von dieser kontrolliert werden können. Das wird auch daran deutlich, dass die Namen der bekannten Geheimdienste, wie zum Beispiel CIA, MI 6, BND, möglicherweise nicht unbedingt die wichtigsten Dienste sind. In den USA gibt es zum Beispiel noch die Militärgeheimdienste, deren Namen kaum jemand kennt. Kann man sagen, dass die Rolle der CIA oft überschätzt und umgekehrt die der Militärgeheimdienste unterschätzt wird?
Peter Dale Scott: Ich konzentriere mich in meinem Buch „Deep Politics – and the Death of JFK“ sehr stark auf die Rolle, die die verschiedenen Militärgeheimdienste an jenem 22.11.1963 in Dallas gespielt haben. Ja, die Bedeutung der Militärgeheimdienste wird oft unterschätzt und umgekehrt die Rolle der CIA überschätzt. Ich möchte Ihnen am Beispiel Kennedys die innerstaatlichen Machtkonflikte kurz skizzieren. Eine der problematischen Entscheidungen, die Kennedy getroffen hat, war, dass er den DIA (Defense Intelligence Agency – Verteidigungsnachrichtendienst) gegründet hat. Es war ursprünglich eine Idee von Kennedys Verteidigungsminister McNamara. Kennedy griff sie auf, weil er hoffte, auf diese Weise einen Nachrichtendienst schaffen zu können, der weniger durch die Geheimdienststrukturen vorbelasteten und damit staatlichen Kontrollen zugänglicher wäre. Doch dabei realisierte er nicht, dass das, was er schuf, dabei war, wiederum eine neue gefährliche Kraft zu werden. Ich glaube, er hatte immer angenommen, das Maxwell Taylor ein loyaler General sei, auf den er sich verlassen könnte, um mit den weniger loyalen, wie zum Beispiel LeMay und Admiral Anderson und so weiter, umzugehen. Ich persönlich denke jedoch, dass Taylor gegenüber Kennedy nicht loyal war, wenn es um Vietnam ging und möglicherweise auch nicht loyal, wenn es um andere Dinge ging. In diesem Zusammenhang sind die ganzen Northwoods Pläne etwas, das man sich sehr genau anschauen sollte.
HINTERGRUND: Der Name „Operation Northwoods“ steht für eine Geheimdienstoperation, die 1962 während der Amtszeit Kennedys insbesondere von führenden Vertretern des Militärs geplant worden war. Operation Northwoods beinhaltete inszenierte und vorgetäuschte Scheinangriffe Kubas auf die USA zu See und im Luftraum. Außerdem sollte es in Miami und Washington zu Attentaten kommen. Die Operation sollte den USA einen Kriegsgrund zur Invasion Kubas liefern. Dabei wurden bewusst Todesopfer unter der US-amerikanischen Zivilbevölkerung in Kauf genommen. Erst 1997/98 sind diese Pläne durch die Freigabe ehemals geheimer Dokumente bekannt geworden. Operation Northwoods ist nie ausgeführt worden, da Kennedy damals die Umsetzung dieser Pläne verweigerte.
Peter Dale Scott: Ja, und der Urheber dieser Northwoods Dokumente war wiederum Lansdale. Auf ihn hatte Kennedy sich verlassen und ich denke, dass er sich auf ihn nicht hätte verlassen sollen. Ja, ich stimme Ihnen darin zu, dass wir zu wenig über die Geschichte der Militärgeheimdienste wissen, viel zu wenig. Ein Beispiel, an dem dies deutlich wird, ist, dass nach dem Mord an Kennedy die verschiedenen Dienste ihre Dokumente über Lee Harvey Oswald vorlegen sollten. Sie waren dazu per Gesetz verpflichtet. Die CIA legte das meiste offen und hat wenig zurückgehalten. Der Armeegeheimdienst und der Marinegeheimdienst hingegen haben überhaupt nichts veröffentlicht. Also, das weckt in mir die Vermutung, dass es hier noch eine Menge zu untersuchen gibt.
HINTERGRUND: Die Möglichkeit, solche Sachverhalte wie die eben genannten aufzuklären, ist nicht zuletzt davon abhängig, dass wir uns immer noch in einer Kulturepoche befinden, die sich insgesamt in einem Prozess der Aufklärung befindet. Doch die politischen Ereignisse unserer Gegenwart lassen einen immer wieder daran zweifeln, in welchem Umfang Aufklärung heute überhaupt noch möglich ist. Die Vermutung steht im Raum, dass die wachsende Kluft zwischen Tiefenstaat und öffentlichem Staat anzeigt, dass wir möglicherweise aus dem Zeitalter der Aufklärung heraustreten?
Peter Dale Scott: Dies ist eine Frage, mit der ich mich in vielfältiger Weise in meiner Dichtung auseinander gesetzt habe. Wenn man die Aufklärung seit dem 18. Jahrhundert lediglich als eine historisch begrenzte Ära begreift, dann würde ich sagen: Ja wir erreichen das Ende dieser spezifischen Ära der Aufklärung. Anders verhält es sich jedoch, wenn man ein umfassenderes Verständnis des Begriffs hat. Für mich ist Aufklärung der Prozess der Zivilisation als solches und nicht gleichzusetzen mit dem Begriff der Aufklärung des 18. Jahrhunderts. Schon sehr früh in der Zivilisationsgeschichte wurde Aufklärung als ein Ziel angesehen und das wird natürlich weitergehen. Wenn ich mich an meinen Hegel richtig erinnere, dann bezog sich seine große dialektische Vision von der Geschichte u.a. auf den Buddhismus, die katholische Kirche, und den modernen Staat. Ich glaube, er dachte voraussetzen zu können, dass der Buddhismus für das frühe Stadium der dialektischen Entwicklung des Geistes von Bedeutung war. Doch ich bin mir da nicht so sicher. Ich habe eineinhalb Jahre in Asien verbracht und dort sehr viel gelernt. Und zwar einfach dadurch, dass ich dort zusammen mit wilden Stämmen gelebt habe. Neben Thailand habe ich auch Laos bereist und es war wirklich erstaunlich für mich, zu sehen, wie ausgeglichen das einfache Leben dieser einfachen Menschen war. Ich denke, dass innere Aufklärung und naturwissenschaftliche Aufklärung sich sehr gut ergänzen, wenn sie sich gegenseitig respektieren. Doch sobald beide voneinander getrennt und isoliert werden, ohne die andere Seite als Gegenkraft zu besitzen, drohen sie extreme Entwicklungen hervorzurufen. Gegenwärtig werden wir immer sensibler für die Grenzen der Wissenschaft. Ich möchte hervorheben, dass ich kein Feind der Wissenschaften bin. Dennoch zeigt sich immer mehr, dass der spezifische Zugriff auf die Welt, die sie uns ermöglichen, auch begrenzt ist. Der Buddhismus und überhaupt die Kultur Südostasiens bieten uns hier eine Möglichkeit an, um den europäischen Aufklärungsbegriff des 18. Jahrhunderts, der uns bis heute bestimmt, zu erweitern.
HINTERGRUND: Nach diesem langen Gespräch über Politik, möchte ich Ihnen zum Abschluss eine Frage stellen, die sich auf Ihr dichterisches Werk bezieht. In Ihrer Biographie sind Dichtung und Politik auf das engste miteinander verbunden. Welchen Zusammenhang sehen Sie allgemein zwischen beiden Bereichen? Ich frage Sie dies auch deshalb, da Sie soeben sagten, dass Sie die Frage nach den Grenzen des Aufklärungsbegriffs des 18. Jahrhunderts gerade in Ihrer Dichtung vielfältig beschäftigt hat.
Peter Dale Scott: Ich war immer der Ansicht, dass Poesie und Politik in der westlichen Zivilisation stets interagiert haben. Ich denke hier z.B. an die Wirkung von Vergil, der nicht nur das römische Imperium beeinflusste, sondern auch das Christentum nach ihm. Oder denken Sie an Dantes Visionen der Welt, die die Renaissance inspirierten. Und um auf Deutschland zurückzukommen: Mich hat immer interessiert, wie Goethe, Schiller und Hölderlin eine kritische Perspektive auf den französischen Aufklärungsbegriff des 18. Jahrhunderts eröffnet haben. Ich denke, dass das alles von hoher Bedeutung ist. Wir haben im 20. Jahrhundert sehr dramatische Veränderungen erfahren. Und T. S. Eliot – über den ich meine Doktorarbeit geschrieben habe – war ein Poet, der versuchte, mit seiner Dichtung auf diese Veränderungen zu reagieren und er war dabei nicht der einzige. Im Englischen haben wir William Butler Yeats und Ezra Pound, die ebenfalls bedeutende Dichter waren. Aber letztlich waren sie alle in ihren Visionen auf ihre Weise unvollkommen. Und wir müssen uns heute eingestehen, dass wir bisher nicht wirklich eine Poesie gefunden haben, die mit der Krise der Modernität umgehen kann. Ich selbst habe eine Trilogie geschrieben, deren letzter Teil ich „Minding the Darkness“ genannt habe. Ich habe darin explizit versucht, auf die Mängel des säkularen Aufklärungsbegriffs des 18. Jahrhunderts zu reagieren. Ich glaube nämlich, dass die Welt, in der wir heute leben, in weiten Teilen ein Resultat des Aufklärungsbegriffs des 18. Jahrhunderts ist. Wie ich es eben auch schon am Beispiel meiner Erfahrungen in Thailand und Laos angesprochen habe, sehe ich als eine der wichtigsten Aufgaben unserer heutigen westlichen Kultur die Notwendigkeit an, eine Art geistige innere Aufklärung mit der säkularen wissenschaftlichen Aufklärung zu versöhnen. Und diese Form der inneren Aufklärung kann durch Literatur vielleicht eher geleistet werden, als durch Wissenschaft. Literatur ist ein Medium, in dem dieses Problem anders transportiert werden kann als durch wissenschaftliche oder politische Analysen. In dem ich mich mit diesen Fragestellungen beschäftige, bin ich auf eine leidenschaftliche Art damit vertraut, poetisch über Politik nachzudenken.
[1] Franz L. Neumann, Behemoth – Struktur und Praxis des Nationalsozialismus 1933 – 1944, Franfurt a. M. 1984
Das Gespräch führten Hauke Ritz und Clifford Jones. / Übersetzung aus dem Englischen: HINTERGRUND
-> http://www.hintergrund.de/20080916255/politik/welt/ueber-den-11-september-politische-macht-und-die-kraft-der-poesi.html
15 Comments
scottclifford44.wordpress.com
This is a topic that is close to my heart.
.. Cheers! Where are your contact details though?
Reni Tent
Ein wirklich hochinteressantes Interview. Besten Dank für die Ausarbeitung durch Tony Ledo.
Und besten Dank an Peter Silie für die erstklassige Abhandlung über das Internet. Allerdings habe ich Zweifel an der Schlussfolgerung. Das Internet gehört zwar niemanden, aber die Server sehr wohl. Sie schalten ja nicht das Internet ab sondern greifen über die NameServer ein. Und es ist zu befürchten, dass Möglichkeiten gefunden werden, dass sie auch die IP-Nummern direkt stören oder abschalten können.
Derzeit lassen sie uns noch machen. Aber achtet mal darauf wieviel Blogs z.B. gratis bei US-Anbietern wie Google sind. Bei Firefox gibt es eine Erweiterung namens „Flagfox“ die zeigt an, wo die Seite wirklich liegt, unabhängig von der Endung.
Die LupoSeite hat demgemäss die IP-Adresse 72.233.2.58 und liegt im Grossraum Dallas-Fr. Worth. Das ist der WordPress-Server.
Ich behaupte jetzt einfach mal und lasse mich gerne korrigieren:
Wenn die Stunde X kommt, bei der es um das Ab- oder Ausschalten unliebsamer Seiten geht, dann werden sämtliche in USA liegenden Gratis-Blogs zur selben Stunde gesperrt werden. Game over. Und im EU-Raum dürfte es nicht viel besser aussehen.
Gerne hoffe ich jedoch, dass es erst gar nicht soweit kommt.
Sudus
Das Problem bei Blogs liegt sowieso noch darin, dass man wohl kaum über die IP-Adresse auf einen spezifischen Blog (Subdomain wie hier lupocattivoblog.wordpress.com) zu greifen kann. Oder was kriegst Du, wenn 72.233.2.58 eingibst? Ich komme auf das WordPress-Anmeldeformular. Jedem Blog eine eigene IP zu vergeben, das tut wohl kein Anbieter freiwillig. Die Seite liegt glaube ich auf einem Server in Plano/Tx, wie du bereits gesagt hast im Grossraum Dallas.
http://whois.domaintools.com/72.233.2.58
Ich denke auch, dass die Blogs ziemlich schnell weg von der Bildfläche wären. Allerdings scheint mir dieses Szenario recht unwahrscheinlich zu sein. Die kritischen Blogs machen einen zu kleinen Prozentsatz aus, um eine derartig durchgeplante Agenda (falls es sie gibt) auch nur oberflächlich zu gefährden. Die meisten Leute konsumieren nun mal Mainstream und denken so wie Peter:
http://www.youtube.com/watch?v=cpP7b2lUxVE
Sudus
Und um gleich noch zu belegen, wie der/die Schweizer/in denkt; hier eine kurze Reportage von Teletop, einem Schweizer Lokalsender, der über eine 9/11-Aufklärungsaktion (die Aktionisten malten mit Kreide 9/11-kritische Sprüche auf die Strassen von Zürich) von „We are change – Switzerland“ berichtete. Schaut auch mal die Interviews an, was die Leute von der Aktion halten:
http://www.youtube.com/watch?v=KxWl4Npr4Po
Zeit: 3:30 bis 4:04 (Interviews):
Passantin 1 (am Zürcher Paradeplatz, dort wo all die schönen Banken stehen):
„Die Schmierereien an und für sich sind daneben, denn es entspricht nicht der Wahrheit, dieser Überfall hat stattgefunden. Aber andererseits ist das die Freiheit in der Schweiz, dass man machen kann, was man will.“
Passantin 2: „Da macht man vielleicht schon noch eine Überlegung, aber wer versteht schon, was da steht, wenn man hier lang geht. Also ich hätte nicht gewusst, was das heissen soll. Also ich finde es … äh, ja…ein bisschen daneben. Aber das sind alles Leute, die nicht wissen, was sie mit ihrer Zeit anfangen sollen!“
Ein Wunder an sich, dass es überhaupt eine Berichterstattung darüber gab.
nordlicht
„Ich sage voraus, dass solange das Internet offen bleibt, solange werden wir eine stärkere und zunehmend stärkere globale öffentliche Meinung haben. Der Zugang zum Internet könnte beschränkt werden. Aber solange wir ein offenes Internet haben, solange können wir uns theoretisch in Richtung einer besseren Welt bewegen.“
Über diesen wichtigen Gedanken des Mr.Scott habe ich auch schon öfter nachgedacht. Weiß jemand, wie das System Internet eigentlich beschaffen ist? Es ist nach meinem Wissensstand doch damit zu rechnen, dass die Machthaber Abschaltungen veranlassen können, wenn sie es für nötig halten. Und ich bin davon überzeugt, dass es passieren wird, sobald eine kritische Größe von Gegnern ihrer Weltordnung erreicht ist.
Durch freie Kommunikation über das Netz kann das „Teile und Herrsche“-Prinzip zum Ende gebracht werden. Das wissen sie natürlich, und deshalb werden sie die „Spielwiese“ nur geöffnet halten, solange es für sie nicht wirklich gefährlich wird.
Gibt es irgendwo Infos zu diesem Aspekt?
Der Artikel ist übrigens grosse Klasse!
Danke aus dem Norden!
Peter Silie
1957 entwickelt die Rand Corporation ein Konzept für ein militärisches Netzwerk, das selbst dann noch funktionsfähig bleiben sollte, wenn ein Teil seiner Infrastruktur zerstört werden würde.
1958 wird ARPA („Advanced Research Projects Agency“) ins Leben gerufen (auf deutsch: Behörde für weiterführende Forschungsprojekte). ARPA dient ursprünglich der militärischen Forschung (im Dienst des amerikanischen Verteidigungsministeriums). Zusätzlich dient das Netz der Verknüpfung externer Forschungsstellen.
Von 1969 an wurde das ARPAnet aufgebaut, ein Netzwerk zwischen vier Knoten wird betrieben: den Universitäten von Kalifornien (UCLA), Santa Barbara (UCSB), dem Stanford Research Institute (SRI) und der University of Utah. Die amerikanischen Universitäten werden in das Netz eingebunden, wobei auch jene Abteilungen großes Interesse haben, die nicht mit der Rüstungsforschung betraut sind.
Im Oktober 1972 wird in Washington bei der „First International Conference on Computer Communications“ das ARPAnet öffentlich vorgeführet.
1973 schließen sich Norwegen („Royal Radar Establishment“) und England („University College of London“) dem ARPAnet an, der erste Schritt in Richtung weltumspannendes Netz.
1977 verfügt ARPAnet über ein Satelliten- und ein Funknetz sowie über das Ethernet über TCP/IP. Das ARPAnet wird auf TCP/IP umgestellt. Das Usenet kommt 1979 dazu, 1981 das Bitnet, 1982 das europäische Eunet. Immer mehr Universitäten und Forschungseinrichtungen nutzen das Netz.
1984 wird der Domain Name Server (DNS) eingeführt. Die Zahl von 1.000 Hosts wird noch im gleichen Jahr überschritten.
1991 wird das World Wide Web (WWW) eingeführt. Tim Berners-Lee hatte es am CERN, dem European Council for Nuclear Research, zwei Jahre zuvor vorgeschlagen. Das WWW basiert auf HTML, URL und http. Daten können weltweit Daten abgerufen, Grafiken können eingebunden werden, die Hypertext-Funktionalität wird eingebaut.
1993 erscheinen die Browser Mosaic und Netscape. Das WWW wird bedienerfreundlicher und für jedermann zugänglich und nutzbar. Der Internet Explorer von Microsoft kommt später.
1994 nutzen Firmen das WWW für Präsentationen und zur Kundeninformation. Die ersten kommerziellen Onlinedienste kommen auf den Markt, ausgeklügelte Software macht die Nutzung des Internet immer einfacher. RealAudio ermöglicht die Übertragung von Tondokumenten in Echtzeit.
Die ICANN (Internet Corporation for Assigned Names and Numbers) ist ein Konsortium, das über die Vergabe der Domainnamen entscheidet und die technischen Standards überwacht.
Im Januar 2001 waren weltweit 110,2 Millionen Rechner über das Internet erreichbar.
Das Internet ist dezentral und selbstorganisierend. Es gibt keine Zentralverwaltung oder oberste Behörde. Es gibt zwar eine Einrichtung, die zentrale Aufgaben wahrnimmt, das InterNIC (bei uns DENIC – es verteilt die Netzadressen), aber auch dessen Aufgaben können jederzeit von anderen Institutionen übernommen werden. Die Betreiber der Netzrechner und der Datenleitungen regeln die Probleme untereinander.
Das Internet gehört niemandem. Darauf beruht seine Stärke: keine Institution, Staat oder Behörde hat die Macht, es in seiner Gesamtheit abzuschalten oder zu kontrollieren. Auch Rothschild nicht.
uwe
Im Prinzip hast Du recht, Peter.
Im Moment noch. Es laufen Bestrebungen das mit einem Web 2.0 zu ändern, wo jeder Zugriff aufs Web zensiert werden soll.
Aber im Moment lässt es sich nur über die Nameserver zentral zensieren. Und das auch nicht sofort, weil es eben auch noch vile Backup-Server gibt, die die ersten Stunden meist noch überbrücken, bis auch ihre Tabellen geändert worden sind.
Der Grund: Im Internet geht alles mit der IP_Nummer, die jedem teilnehmer während dem zutritt zum Internet exclusiv zugeteilt ist. Wer diese Nummer kennt kann nicht so leicht gefiltert werden. Aber um den Nutzern mehr Komfort zu bieten werden heute eigentlich nur Internetadessen in Textform gehandelt, die der Nameserver in die eindeutige IP-Adresse umwandeln.
Störungen der NameServer hat man ja schon mehrfach mit uns geübt in letzer zeit.
Wir müssten uns also die IP-Adressen nortieren um beim Ausfall oder der Zensur der NameServer weiterhin zugreifen zu können.
sudus
@Uwe
Notieren der IP-Adresse würde kaum was bringen. Wer Zugriff aus Nameserver hat, der hat ziemlich sicher auch Zugriff auf Firewalls und ähnliche Netzwerkkomponenten um IP-Adressen zu sperren. Das fängt bei deinem Internet-Provider an, wo meist auch der verwendete Nameserver platziert ist.
uwe
@Sudus,
Im fortgeschrittenen Fall hast Du natürlich Recht, aber bisher hat es in sehr vielen Fällen mit der IP-Adresse wunderbar geklappt.
Natürlich geht die Entwicklung weiter, aber die psychologische Kriegführung ist meist um 10 Jahre und mehr der realität voraus.
-Tokio-
@Petersilie
was ist dann mit den Root-Servern, die stehen doch größtenteils in den USA, bzw. gehören den Amis, oder irre ich mich jetzt da?
Peter Silie
Das DNS ist ursprünglich als reines Hilfsmittel entstanden. Ob IP-Adressen nun statisch eingetragen oder dynamisch über DHCP vergeben werden, sind sie nicht die bequemste Methode, andere Rechner im Netz anzusprechen. So entwickelte sich ein Namenssystem, das die Erinnerung an bestimmte wichtige Rechner einfacher macht, oft sogar Hinweise ermöglicht, unter welcher Bezeichnung Rechner zu finden sind.
Jedem Rechner im TCP/IP-Netz kann ein Name zugewiesen werden, der frei wählbar ist. Er hat zwar grundsätzlich nichts mit der IP-Adresse der Maschine, beziehungsweise ihres Netzwerk-Interface zu tun, wird aber durch bestimmte Mechanismen auf sie abgebildet, sodass die Anwendungsschicht anhand des Namens die IP-Adresse ermitteln kann. Nur diese IP-Adresse wird auf der Protokollebene zur weiteren Kommunikation benutzt.
Am einfachsten ist es, eine Textdatei zu erstellen, in der die Host-Namen und zugehörigen IP-Adressen der Rechner festgehalten sind, mit denen eine Kommunikation notwendig oder erwünscht ist. Diese Textdatei existiert auch heute noch. Steht kein Name-Server zur Verfügung, oder benötigt man für ein kleineres Netz nicht ein komplettes Name-Server-System, kann man die Verbindung zwischen Host-Namen und IP-Adressen auch über die Datei hosts herstellen, in der einfach Zeile für Zeile jeweils ein Host-Name und die zugehörige Adresse festgehalten werden.
Root-Server für das DNS im Internet gibt es 13 Stück (a bis m), die auf der ganzen Welt verteilt sind, auch wenn die Merhheit noch in den USA steht. Den a-Root-Server verwaltet Network Solutions, der ehemaligen Monopolisten für die TLD-Registrierung; er steht unter Oberaufsicht des US-amerikanischen Department of Commerce.
Eine Übersicht über die Root-Nameserver gibt es bei [de.wikipedia.org].
Die Massierung von Rootservern in den USA ist bereits Vergangenheit, schon jetzt stehen mehr Rootserver außerhalb der USA als im Land selbst. Nach wie vor aber ist der von VeriSign betreute A-Server der Master aller Server: Die Entscheidungen darüber, was in die Root kommt und was nicht, fällt dort in enger Absprache mit dem Aufsicht führenden US-Handelsministerium. Technisch ist das Konzentrationsproblem gelöst, das politische Problem bleibt.
Ein DNS-Server in einer Sub-Domain kann alle Namen dieser Sub-Domain verwalten und Verweise auf andere Server enthalten, die bei Anfragen nach Hosts in anderen Namensräumen abgefragt werden. Die Datenbank kann auf mehrere Maschinen verteilt werden, sodass nicht ein Server alle Anfragen beantworten muss, sondern je nach Netzwerklast der Server abgefragt werden kann, der die gewünschten Informationen am schnellsten liefert.
Um diese Aufgaben erfüllen zu können, sind in der DNS-Datenbank nicht nur Host-Namen und IP-Adressen festgehalten. Sie sind in Resource Records organisiert, die je nach Typ unterschiedliche Informationen liefern.
Es ist nicht zwingend notwendig, dass in jedem Netz, in dem mit Host-Namen gearbeitet wird, auch ein DNS-Server existiert. Ist dieses Netz mit dem Internet oder einem anderen Netz verbunden, können die DNS-Anfragen der Clients auch dorthin umgeleitet werden. Diese Umleitung der Anfragen ist auch notwendig, wenn die IP-Adresse, die zu einem bestimmten Host gehört, in den Tabellen des lokalen DNS-Servers nicht bekannt ist und auch nicht in seinem Cache steht.
Anforderungen, die der DNS-Server nicht auf Grund seiner eigenen Informationen beantworten kann, leitet er an die Server weiter, die in seinen Tabellen im NS-Record als zuständig angegeben sind.
Wer es sich ganz genau reinziehen will: Felix von Leitner [http://www.fefe.de/dns/dns.pdf].
Die Datei „hosts“ (ohne Endung) befindet sich im Verzeichnis „c:\windows“ oder „c:\windows\system“. Sie enthält in der Regel nur den Eintrag
In diese Datei kann man sich wichtige Adressen zusätzlich eintragen. Die zu einem Domainnamen gehörende Adresse findet man, in dem man in der DOS-Eingabe-Aufforderung den Befehl „ping“ mit mit dem gewünschten Domainnamen eingibt. Zum Beispiel:
Ergebnis:
In PHP gibt es zudem noch die Befehle
* gethostbyaddr(ip_address): gibt den Internet-Host-Namen zu ip_address zurück,
* gethostbyname(hostname): gibt die IP-Adresse zu hostname zurück und
* gethostbynamel(hostname): gibt eine Liste von IP-Adressen zurück, zu denen der angegebene Internet-Host hostname aufgelöst wurde.
gethostbynamel(‚lupocattivoblog.wordpress.com‘) liefert als Ergebis:
lupocattivoblog.wordpress.com[0] = ‚74.200.244.59‘
lupocattivoblog.wordpress.com[1] = ‚76.74.254.120‘
lupocattivoblog.wordpress.com[2] = ‚76.74.254.123‘
lupocattivoblog.wordpress.com[3] = ‚72.233.2.58‘
lupocattivoblog.wordpress.com[4] = ‚72.233.69.6‘
lupocattivoblog.wordpress.com[5] = ‚74.200.243.251‘
Aber eigentlich geht es in diesem Blog „gegen die Weltherrschaft“ und ich befürchte, wir verzetteln uns allmählich.
-Tokio-
danke Petersilie für deine Ausführungen. Das ist sehr wichtig zu wissen finde ich, gerade weil es gegen die Weltherrschaft geht.
uwe
@Peter
Sehr schön ausgeführt, aber hilf hier überhaupt nicht weiter, weil die eigentliche Domäne für diesen Blog wordpress.com ist, den die Amis sicher nicht für alle Kinden auf der Welt abschalten wollen.
lupocattivoblog.wordpress.com ist nur eine „Subdomain“ die „wordpress.com“ bei sich verwaltet und jederzeit mit machen kann was sie wollen. Inklusive aller unserer Daten (IP + email-adresse vom Kommetarfeld). Das ist leider so, wird mit MySQL verwaltet habe es local und bei einem Provider selbst am laufen und kenne dadurch die Details aus der Praxis. So sind wir in den Händen von WordPress. Sorry so ist es nun mal.
Trotzdem sage ich standhaft meine Meinung.
Nonkonformer
Berichtigung: es muß heißen als „Arbeitgeber v. Breszynski u. J´Kissinger“ und nicht als Rockefeller!
Nonkonformer
Sehr, sehr interessant, so etwas kann man natürlich nicht von einem dt. Politologen erwarten!
Vieles erwähnenswert: warum nennt er nur Rockefeller als „Arbeitgeber“ v. Rockefeller, warum ver=
weist er nicht auch auf Rothschild? warum erwähnt er die Gegnerschaft Kennedys zur FED nicht bzw.
daß er schon neue Banknoten ohne FED-Erlaubnis gedruckt hatte? Sensationell seine Einlassungen zu
9/11, „CIA steckt dahinter“, und die weiteren „Untersuchungsergebnisse“, also alles in allem ein
Interviewtext, der in dt. Poli-Hörsälen, Seminaren, etc. Gesprächsstoff sein müßte, aber weit gefehlt, er wird ignoriert werden wie alles, was den deutschen Untertanen nicht genehm ist wegen
ihrer totalen Unterordnung unter die PC!