Georgischer Traum -Demokratisches Georgien- ist ein politisches Parteienbündnis in Georgien. Es wurde am 19. April 2012 gegründet und vereint die Bürgerbewegung Demokratischer Traum des französisch-georgischen Geschäftsmannes Bidsina Iwanischwili mit der Republikanischen Partei Georgiens, der Konservativen Partei Georgiens, der Partei Die Industrie wird Georgien retten, Industrialisten, der Partei Nationales Forum und der Partei Unser Georgien – Freie Demokraten.
Ziel des Wahlbündnisses war die Ablösung der Regierung des georgischen Präsidenten Michail Saakaschwili bei den Parlamentswahlen am 1. Oktober 2012, das schließlich erreicht wurde. Ein politisches Programm gibt es nicht. Zu den Mitgliedern gehören marktwirtschaftlich und pro-westlich eingestellte Liberale, radikale Nationalisten mit ausländerfeindlicher Rhetorik, sowie Politiker aus dem Umfeld des früheren Präsidenten Eduard Schewardnadse, die nach der sogenannten „Rosenrevolution“ in Georgien Amt und Einfluss verloren hatten.
Wohin ruft der „Georgische Traum“? Ein Artikel von Franz Krummbein aus St. Petersburg erschienen bei Berlin-Athen.eu
In den Beziehungen zwischen Moskau und Tbilissi gibt es bisher keine Anzeichen einer Änderung der Standpunkte. Georgien weigert sich, die Unabhängigkeit Abchasiens und Südossetiens anzuerkennen und in Russland unterstreicht man, dass die Unabhängigkeit von Suchum und Zchinwal unumkehrbar ist.
Die georgische Opposition startet ihre fristlose Kampagne, in der sie sich für den Rücktritt von Präsident Michail Saakaschwili einsetzen wird. Ihre Organisatoren wollen einen entsprechenden Antrag mit einer Million Unterschriften bei der Verwaltung des Präsidenten stellen. Im Laufe der Kampagne wollen die Oppositionellen mit einer menschlichen Kette den Präsidentenpalst in Tiflis umringen. Die Gegner von Saakaschwili werfen ihm schwere Verletzungen von Menschenrechten sowie eine schwere wirtschaftliche Lage im Land vor.
Vor kurzem hat der neue Premierminister Georgiens Bidsana Iwanischwili, (Foto links) Präsident Michail Saakaschwili, (Foto rechts) für den Kaukasus-Krieg im August 2008 verantwortlich gemacht, der mit einer Niederlage Georgiens gegen Russland endete.
„Der Krieg von 2008 war eine große Provokation, die von Ihnen und Ihren Kommandanten geplant worden war,“ – sagte Ivanishvilli während einer Parlamentssitzung zu den Parteimitgliedern des Präsidenten.
Die Kriegsschuld Saakaschwilis würde auch von den Europäern und den USA anerkannt, sagte Iwanischwili. Saakaschwili bleibt zwar noch bis Oktober dieses Jahr Staatsoberhaupt in Georgien, verliert aber wegen einer Verfassungsreform die faktische Macht im Lande.
Über die Ereignisse des Augustes 2008 schrieb der georgische Professor Wachtang Maisaja ein Buch in englischer Sprache. Die darin angeführten Fakten widersprechen der Auslegung der Ereignisse, die das Saakaschwili-Regime der Welt unter die Nase gerieben hatte.
Das Ergebnis: der Autor wurde ins Gefängnis gesteckt, die Anklage umfasste ganze fünf Bände. Der Politologe konnte erst dann wieder das Licht der Freiheit erblicken, als die Koalition „Georgischer Traum“ unter Führung von Bidsina Iwanischwili an die Macht kam. Das neue Parlament erkannte Wachtang Maisaja als politischen Gefangenen an.
Darauf wurde er amnestiert:
„Meine Freilassung wurde zu meiner zweiten Geburt, da ich mich jeden Tag zwischen Leben und Tod bewegte. Denn das georgische Gefängnis kommt einem Konzentrationslager gleich. Das ist der georgische Gulag, den Michael Saakaschwili mit den Knochen des georgischen Volkes erbaut hat. Viele, selbst unschuldige Menschen, sind in diesem Gulag gestorben. Und viele leiden noch jetzt unter diesem Übel.“
Heute kann Prof. Maisaja offen und ohne Repressionen befürchten zu müssen seine Meinung über den Präsidenten Saakaschwili und dessen Politik zum Ausdruck bringen. Mit markigen Worten geizt er dabei nicht, er nennt Saakaschwili einen Abenteurer und Diktator: „Alle Maßnahmen und Entscheidungen von Michael Saakaschwili bezüglich der georgischen Innenpolitik waren absolut falsch. Saakaschwili herrschte über ein repressives System. In einer meiner Publikationen habe ich Michael Saakaschwili sogar als „kaukasischen Pol Pot“ bezeichnet. Jene fahrlässige Politik, die er auf internationaler Ebene gemacht hat, stellt dies nur unter Beweis.“
Der impulsive Mischo, der sein Land geradezu in den wichtigsten Gegner Moskaus verwandelt hat, wurde durch einen klugen und umsichtigen Politiker abgelöst. Deshalb sollte Russland in seinem Zusammenwirken mit der neuen georgischen Regierung die Flexibilität mit der Härte kombinieren und die eigenen nationalen Interessen in den Vordergrund stellen.
Der Anführer der Koalition „Georgischer Traum“ gewann die Parlamentswahlen und versucht jetzt, eine Balance zu finden, um nicht in den Augen seiner Gegner als russischfreundlicher Politiker zu erscheinen.
Der Nördliche Nachbar hörte auch Kritik seitens Ivanischwilli – er beschuldigte Moskau der imperialen Ambitionen: „Seit Jahrhunderten hat Russland versucht, das Kaukasus Gebirge zu überschreiten – und war in der Lage, diesen Traum dank Saakaschwili zu erfüllen“.
Apropos Beziehungen mit Moskau, hier äußerte Ivanishvili die Hoffnung, sie bald zu verbessern, räumte aber ein, dass ein konkreter Plan dafür noch nicht erstellt wurde. Trotz der Verpflichtung der neuen Behörden Georgiens, „mit der Vergangenheit zu brechen“, die vom Team von Präsident Michail Saakaschwili aufgebaut wurde, wurde in der Außenpolitik eine Kontinuität des alten Kurses verkündet – das Land wird auch weiterhin die Möglichkeit des Beitritts zur Nato und der Europäischen Union bevorzugen.
Dabei unterstützen die EU und die Nato selbst unter den Bedingungen, da sie mit bedeutenden Schwierigkeiten konfrontiert sind, weiterhin die Einbeziehung Georgiens in ihre Strukturen. Sie gehen dabei auch auf das Risiko ein, die Spannungen, die es in ihren Beziehungen zu Russland gibt, dadurch zu verstärken. Das geschieht aus dem Grunde, weil Georgien geopolitisch in Transkaukasien eine Schlüsselstellung hat, sozusagen ein „Flaschenhals“ dieser Region ist. Ohne Georgien ist die Umsetzung von Projekten für transkontinentale Transportkorridore und Rohrleitungsprojekte unter Umgehung Russlands unmöglich. Darüber hinaus stellt es einen wichtigen Brückenkopf dar, der nah am Kaspischen Meer und dem Iran sowie am russischen Nordkaukasus liegt. Georgien ist auch geopolitisch für den Westen interessant als Gegengewicht für die russische Vorherrschaft. Es ist strategisch auch nah an die Krisenregion des Mittleren Ostens.
Die Europäische Union hat sich bereits allen Ernstes in den „Kampf um Georgien“ eingeschaltet und ist bereit, der neuen Regierung ungeachtet der Finanzkrise 670 Millionen Euro bereitzustellen. Es wird mitgeteilt, dass ein Teil dieses Betrages dem Staatshaushalt zugewiesen wird, während der andere Teil für die Umsetzung einer Reihe von neuen Projekten, darunter auch auf dem Gebiet der Landwirtschaft, bestimmt sei.
Die nordatlantische Allianz, die sich in Afghanistan mit ernst zu nehmenden Problemen konfrontiert sieht und zu einem bestimmten Grade von der Hilfe durch Moskau abhängt, ist ebenfalls nicht gewillt, sich Georgien „entgehen zu lassen“. Der Generalsekretär dieser Organisation, Anders Fogh Rasmussen, (Foto links) beizeichnet den Prozess des Beitritts Georgiens zur Nato als „unumkehrbar“.
Nach der Hartnäckigkeit zu urteilen, mit der man Georgien in die westlichen Strukturen integrieren möchte, würde eine pro-russische Orientierung Tbilissis in den Augen vieler Vertreter der politischen Elite der USA und der Staaten der Europäischen Union einer Niederlage im Kampf gegen Russland um den postsowjetischen Raum gleichkommen, die mit dem Status der Sieger im „Kalten Krieg“ unvereinbar sei. Darüber hinaus wurde in den amerikanischen und europäischen Massenmedien in den 1990er und ganz besonders in den 2000er Jahren mit Nachdruck die These durchgesetzt, dass Tbilissi ein Opfer der „imperialen Ambitionen“ Moskaus sei.
Das trug zur Schaffung eines bestimmten Bildes des georgischen Staates in den Augen der öffentlichen Meinung der USA und der Länder der Europäischen Union bei und rechtfertigte den Wunsch, Georgien vor einem russischen Angriff „schützen“ zu müssen. Bidsina Iwanischwili und seine Anhänger haben in ihren Deklarationen unterstrichen, dass die Richtlinien der Außenpolitik erhalten bleiben. Dennoch versucht Iwanischwili selbst unter diesen Umständen die Bereitschaft zu einer Art Klimawechsel in den bilateralen Beziehungen zu bekunden. In der Tat lassen die Erklärungen dieses Politikers auf den ersten Blick den Optimismus aufkommen: Nach allem zu urteilen wird Georgien die Winterolympiade in Sotschi nicht boykottieren, und es ist dazu bereit, in den Dialog mit Russland über ein breites Spektrum von strittigen Fragen zu treten.
Die fehlenden diplomatischen Beziehungen sind ein Problem. Seit dem Konflikt sind knapp fünf Jahre vergangen. Bezieht man einen vernunftmäßigen Standpunkt, so ist eine Verbesserung durchaus möglich. Zum Beispiel in puncto der russophobischen Politik, die Georgien unter Saakaschwili durchgesetzt hat. Es gibt auch Handels-wirtschaftliche Fragen, Fragen im Bereich des Verkehrswesens und im humanitären Bereich.
Was Moskau angeht, so ist es schon seit langem verhandlungsbereit. Aber nicht mit Präsident Michail Saakaschwili, der den Krieg 2008 angezettelt hatte, wonach die diplomatischen Beziehungen zwischen beiden Staaten abgebrochen worden waren. In diesen Tagen hat der Katholikos und Patriarch von ganz Georgien Ilija II. Moskau besucht. In dem Russland Besuch des Oberhaupts der georgischen Kirche sehen viele nicht nur geistliche, sondern auch politische Motive. Nahrung für Spekulationen gab insbesondere Michail Saakaschwili. Er erklärte, der Patriarch werde in Moskau einem jeglichen Versuch entgegenwirken, „Georgien in den Orbit Russland“ zurückzuholen.
Der Patriarch Ilija II. (Foto links) genießt heute das maximale Vertrauen des georgischen Volkes. Im Vergleich zu allen Figuren des gesellschaftspolitischen Lebens der Republik besitzt er das höchste Rating. Natürlich, in diesem Rating befindet sich auch der Präsident Georgiens Michail Saakaschwili, doch das Maß des Vertrauens zum Patriarchen ist unter den Bürgern viel höher. Er ist der gesamtnationale geistliche Führer.
Die Georgische Kirche ist in der Patriarchen-Zeit von Ilija II. aufgeblüht. Um das zu verstehen, braucht man heute nur am Sonntag in die Kirche der Heiligen Dreifaltigkeit in Tbilissi zu gehen, die kraft der Bemühungen des Vorstehers der georgischen Kirche errichtet wurde. Sie ist die größte Kirche Georgiens, man könnte sie mit der Moskauer Christi-Erlöser-Kathedrale vergleichen. Diese Kirche ist voller Menschen, hauptsächlich sind es junge Leute.
Was das Hauptproblem in den Beziehungen zwischen Moskau und Tbilissi angeht, so gibt es bisher nicht einmal Anzeichen für eine Änderung der Standpunkte. Georgien weigert sich, die Unabhängigkeit Abchasiens und Südossetiens anzuerkennen, und setzt sich die „Wiederherstellung der territorialen Integrität des Landes“ nach wie vor zum Ziel. In Russland unterstreicht man, dass die Unabhängigkeit von Suchum und Zchinwal unumkehrbar sei. Das Schicksal der beiden von Georgien abgespaltenen Teilrepubliken für Moskau – es ist nicht ein Thema für Verhandlungen.
Dennoch bedeute dies keinesfalls, dass die Vertreter Russlands und Georgiens bei dem anstehenden Treffen keinen Gesprächsstoff hätten: Georgien ist bereit, alle Anforderungen Russlands in Bezug auf die künftige Ausfuhr georgischer Erzeugnisse zu erfüllen. Zuvor hatte Russlands oberster Amtsarzt Gennadi Onischtschenko die Bereitschaft Moskaus signalisiert, gleich nach dem Jahreswechsel Verhandlungen über die Rückkehr von georgischen Weinen und Mineralwasser auf den russischen Markt aufzunehmen. Die Einfuhr dieser Produkte nach Russland war im Frühjahr 2006 vor dem Hintergrund einer Zuspitzung der Beziehungen zwischen den beiden Nachbarländern verboten worden.